Kurzfilm über docLink

Nach den ersten Wochen wieder zu Hause in den gewohnten vier Wänden haben wir es endlich mal geschafft unser Filmmaterial zu einem ersten kleinen Kurzfilm zu schneiden. Da wir aber noch deutlich mehr Filmmaterial haben, soll dieser lediglich einen kleinen Eindruck über unsere Erlebnisse geben und Lust auf mehr machen 😀 Viel Spaß beim Anschauen!

Zurück in Deutschland, Kassel, zu Hause! Die letzte Tourwoche #Tag 57 bis 62 (endlich)

Nach der Ankunft auf dem Friedrichsplatz in Kassel (pünktlich zur Eröffnung der documenta14!), haben wir es nach guter Erholung nun endlich geschafft die Erlebnisse der letzten Woche der Radtour zusammen zu tragen…

Wir sind in dem letzten unser 14 Länder angekommen, ein eigenartiges Gefühl, es fühlt sich so endgültig an. Allerdings ist der Effekt nicht ganz so krass wie erwartet, da wir vor einigen Tagen bereits im deutschsprachigen Raum in Österreich viele Heimatgefühle geschnuppert haben.

Samstag: Wir haben uns seit langer Zeit mal wieder einen Wecker gestellt, denn wir haben große Pläne für heute. Da uns unser Weg entlang der Elbe direkt am ehemaligen Ghetto der Juden in Theresienstadt vorbeiführt, wollen wir die Morgenstunden zur Besichtigung dieses geschichtsträchtigen Ortes nutzen. So werden einmal wieder Morning Oats gekocht, heute werden sie aus Mangel an Zucker mit Nutella gesüßt, was unerwartet gut schmeckt. Eine Fahrradtour erweitert in so vielen Bereichen den Erfindungs- und Flexibilitätshorizont!

Bereits um halb sieben kommt ein Angler zu dem vermeintlich leer stehenden Wohnwagen und fängt an sich sein eigenes Frühstück aus der Elbe zu fischen.

Gefrühstückt und alle drei Räder voll bepackt machen wir uns geplant früh um acht Uhr auf den Weg die nur 5 km bis nach Theresienstadt. Zuerst wollen wir uns die kleine Festung anschauen, doch dort werden wir leider von einer Frau eines Filmsets aufgehalten, die uns zu verstehen gibt, dass die kleine Festung heute wegen Dreharbeiten geschlossen sei. Auf die Frage, was für ein Film gedreht werden würde, erhalten wir nur die Antwort „a war movie“.

Etwas enttäuscht stehen wir vor dem Eingang der kleinen Festung, im Hintergrund ist die Szenerie für den Film zu sehen.
Ein Denkmal vor der kleinen Festung für die vielen Juden, die hier gestorben sind. Ein kleiner Teil derer wurde hier beerdigt und schon dieser Anblick ist erschreckend.

So machen wir uns auf den Weg in das damalige Ghetto Theresienstadt, wo es auch einiges zu besichtigen gibt. Zuerst schauen wir uns das Ghettomuseum an, welches uns einen guten Eindruck vermittelt, wie die Menschen hier zur NS-Zeit lebten. Danach machen wir noch einen kleinen Rundgang durch das ehemalige Ghetto, das heute übrigens wieder „ganz normal“ bewohnt wird. Denn viele Einwohner Theresienstadts, die wegen der Ghettogründung aus ihren Häusern vertrieben wurden sind nach Ende des 2. Weltkrieges wieder hierher zurück gekehrt.

Wenn man es nicht wüsste, bemerkt man kaum, dass Theresienstadt mal ein Ghetto für Juden sowie politisch Verfolgte war.

Bei der Besichtigung einer solch denkwürdigen Stadt merken wir kaum wie die Zeit vergeht und als wir hungrig einen Laden aufsuchen ist es schon fast 1 Uhr Mittag. So stärken wir uns im Schatten einer der Bäume auf dem Hauptplatz und machen uns reichlich spät aber mit vielen Eindrücken bereichert auf den Weg an der Elbe entlang nach Deutschland.

Mittagspause, ein Vormittag voller Informationen liegt hinter uns.

Das Wetter ist heute schon fast zu gut, uns allen brummt den Nachmittag über der Schädel gewaltig. Doch dagegen hilft Recht wenig, bis Adi auf die glorreiche Idee kommt sich Wasser aus den Trinkflaschen während der Fahrt über den Kopf zu schütten. Das lauwarme Wasser kühlt zwar kaum, doch der Fahrtwind kühlt auf diese Weise den nassen Kopf. So lässt es sich deutlich besser aushalten und wir machen noch unterwartet gut Strecke.

Der zweite Tag für Neuzugang Adi, er ist in bester Laune!
Wir fahren zwar an der Elbe entlang, doch der Fahrradweg führt uns immer wieder über kleine Hügel. Wir kommen der sächischen Schweiz spürbar immer näher!

Wir kommen gut voran und sind bereits am frühen Abend an der deutschen Grenze. Ein seltsames Gefühl, nun wirklich im 14. Land unserer Reise angekommen zu sein. Irgendwie so endgültig und zum anderen aber auch ein wenig Heimatgefühl, das in uns aufkommt. Überall sehen wir plötzlich wieder die uns vertrauten deutschen Fahrradschilder, welche überdurchschnittlich gut ausgebaute Fernradwege kennzeichnen.

Kurz vor der Grenze entlang der Elbe inmitten des Elbsandsteingebirges, auch bekannt als sächische Schweiz.

Da wir leider kein deutsches Grenzschild finden können, wird an der tschechischen Grenze gefeiert.

Wenige Kilometer hinter der deutschen Grenze kommen wir nach Bad Schandau, einem kleinen gemütlichen Ort. Dort decken wir uns mit genügend Essensvorrat für die nächsten zwei Tage ein, da uns Pfingsten bevor steht. Als Adi und Vincent aus dem Supermarkt herraus kommen, zeigen sie stolz Leon ihre Beute.

Über 11 kg Lebensmittel für die nächsten zwei Tage, das sollte drei hungrige Radfahrer zufrieden stellen 😀

Der Himmel verdunkelt sich zunehmend, als wir uns aus Bad Schandau herraus fahren. So nehmen wir den erstbesten Platz an der Elbe, den wir finden können. Kleiner Nachteil an dem sehr schön gelegenen Ort, das Gras ist sehr hoch. An sich kein großes Problem, doch es soll sich am nächsten Morgen als eine etwas unschönes Anhängsel entpuppen…

Der zweite Abend mit zwei Zelten direkt an der Elbe.

Sonntag: Die Wiese am Fluss war ein guter Schlafplatz, den wir gerade noch rechtzeitig vor dem Regen gefunden hatten. Leider sind wir nicht die einzigen, denen es hier wunderbar gefällt. Wir wachen in einer schleimigen Welt auf, denn unser Zelt wurde von unzähligen Nacktschnecken bevölkert, die gefühlt  ü b e r a l l  sind (zum Glück nur außen!).

docLink präsentiert: Nacktschneckensammeln für Fortgeschrittene..

Bevor wir also die Zelte abbauen können, starten wir eine Sammelaktion und laufen mit unseren Büchsen durch die Gegend. Die leeren Eintopfdosen von Gestern helfen uns ungemein weiter, denn so müssen wir nicht alle Nacktschnecken mit den Händen abzupfen. Trotzdem ist diese morgendliche Verzögerung nicht sonderlich gut gelegen, denn es ist weiterer Regen angekündigt.

Leon setzt die Schnecken vor der Abfahrt wieder ins Gras, bevor die Dosen im Müll landen.

Gerade als wir einigermaßen abfahrbereit sind fängt es an kräftig zu regnen, sodass wir direkt nass werden. Vincent und Leon sind schon einiges gewöhnt, doch Adis Ausrüstung, die mehr oder weniger spontan zusammen gestellt wurde, muss einiges mit machen. Wir finden einen Unterstand mit einer Bank, auf der wir unser Frühstück ausbreiten.

Nass aber mit einem Dach über dem Kopf.. der perfekte Frühstücksort!

Ca. 40 Kilometer vor unserem heutigen Ziel haben wir wenig Motivation unsere Fahrt direkt fortzusetzen, jedoch haben wir noch ein bisschen Programm für heute geplant. Also fahren wir weiter und machen das beste aus diesem Regentag. Der Elberadweg führt auf beiden Uferseiten entlang und Fähren ermöglichen in regelmäßigen Abständen eine Überfahrt. Die Seite, die wir gewählt haben, scheint natürlich die schlechter ausgebaute zu sein, doch ein bisschen Abenteuer schadet nie!

Abenteuer trifft es gut.. einen Trampelpfad geht es am Ufer entlang.

Zwischendurch unterbrechen wir die Fahrt, um die Actioncam für professionelle Filmaufnahmen zu justieren.

Viel früher als erwartet kommen wir am Ortsschild von Dresden vorbei, welches schon knapp 20 Kilometer vor dem Stadtkern aufgestellt ist. Trotzdem freuen wir uns darauf, bald im Trockenen zu sein. Die schönen Gebäude der Altstadt kommen in Sicht und wir fahren zum Hauptbahnhof, wo wir Birte treffen, eine Freundin aus der Schule, bei der wir diese Nacht unter kommen.

Die durchgeweichten Zelte hängen auf dem Dachboden und noch immer pflücken wir einzelne Schnecken ab, die wir am morgen übersehen haben.

Nachdem wir alle geduscht haben und die nassen Zelte zum trocknen aufgespannt haben, bekommen wir von Birte eine exklusive Führung durch die Stadt, die einen Zwischenstop bei ‚Pulse of Europe‘ macht, einer Pro-Europa-Demo, die im Zuge des Brexits und der rechten Strömungen entstanden ist, um die EU zusammen zu halten. Vincent lässt sich die Chance nicht entgehen, beim offenen Mikrofon ein paar Sätze über unsere Tour und unsere durch und durch positiven Eindrücke der Menschen in Europa loszuwerden.

Der Zwinger.. früher wurden hier Bären gehalten, heute ist er zum Glück nur noch ein Museum..
Spezialitätenverkostung im Osten.

Wenig später suchen wir ein Café auf, um eine Eierschecke zu essen, denn das Wetter lädt nicht zu langen Wanderungen durch die Stadt ein. Alte und neue Geschichten austauschend verbringen wir den Nachmittag in der Stadt und fahren zurück zur WG, um noch ein Abendessen zu kochen. Birte quartiert sich heute aus, denn ihr Zimmer ist für so viele Leute nicht ausgelegt. Trotzdem ein super Ort!

Zur Abwechslung sieht man uns hier beim Essen 😉

Montag: Am Morgen nach dem Aufstehen nutzen wir die Gelegenheit einer Küche beim Frühstück voll aus und machen uns aus den von gestern übrig gebliebenen Resten Pancakes mit Apfelstückchen und zusätzlich Milchreis.

Wer uns nach der Tour besuchen kommt erlebt Pancakes der Extraklasse ;D

Anschließend packen wir unsere Sachen und gucken nach den Zelten, die wieder schön trocken sind. Dabei beseitigen wir auch die letzten Überbleibsel von der Nacktschneckenplage am vergangenen Morgen. Nachdem wir uns von Birte verabschiedet und Brot fürs Mittagessen gekauft haben, fahren wir bei angenehmen 24 Grad mit Sonne los. Trotz Feiertag hat der Lidl im Bahnhof geöffnet, auf den ein solcher Menschenandrang herrscht, wie man es sich kaum vorstellen kann!

Das haben wir noch nicht erlebt.. hunderte Menschen strömen an diesem Feiertagsmorgen in den Lidl, sodass die Security eingreifen und durch den Eingang schleusen muss.

Es geht gut voran auch wenn die Radwege unglaublich voll sind und es manchmal schwierig ist andere zu überholen, da ständig Radfahrer aus der Gegenrichtung kommen. Wir grüßen fast jeden von ihnen auch wenn nicht immer zurückgegrüßt wird. Nach einigen Kilometern kommen wir an ein Erdbeerfeld und entscheiden uns Erdbeeren fürs Mittagessen zu sammeln und uns gleichzeitig den Magen ein wenig vollzuschlagen.

Unsere reiche Beute! ungefähr 3 Kilo Erdbeeren auf unsere Mägen verteilt.

Meißen…

Kurz bevor wir die Elbe verlassen essen wir noch Mittagessen an einem schönen Springbrunnen in Meißen. Von den Erdbeeren sind wir schon so satt das wir das erbeutete Kilo Erdbeeren fast nicht mehr schaffen. Zu unserem Pech schlägt das Wetter während der Pause ein wenig um und es fängt langsam an zu regnen.

Nach einem kurzen kräftigen Schauer klärt sich das Wetter aber wieder ein wenig auf und als Entschädigung geht der Radweg über ein paar abenteuerliche Feldwege sehr zu Vincents Freude.

Kurz danach stoßen wir auf einen Kirschbaum. Adrian ist sehr begeistert und schlägt vor vielleicht noch welche zu sammeln aber da wir noch so satt sind und die Kirschen eher weiter oben hängen beschließen wir nur ein paar zu essen und dann weiterzufahren. Es brauen sich erneut einige dunkle Wolken zusammen und diesmal bleibt es leider nicht bei einem kurzen Schauer. Es regnet sich so richtig schön ein und aus der Ferne hört man ab und zu Donnergrollen. Wir beschließen bei einer Kirche zu fragen ob wir dort Campen können. Ein vielversprechend aussehendes Exemplar hat sogar einen Campingplatz. Als wir aber auf den Hof fahren macht uns eine unfreundliche Frau klar, dass der Campingplatz geschlossen hat und wir weiterfahren müssen.

Kurz stellen wir uns für einen Kekspause unter einen Baum.. Vincent klärt noch letzte Vorbereitungen für seinen Job bei der d14…

Bei einem Haus gegenüber einer geschützten Bushaltestelle fragen wir nach Wasser (als ob davon nicht schon genug von oben kommt) und ein netter Mann füllt unsere Flaschen auf, was uns den unfreundlichen Eindruck dieses Ortes nochmal überdenken lässt. In Laisnig entdecken wir eine weitere Kirche die allerdings kein erkennbares Pfarrhaus besitzt und sich sowieso nicht zum campen eignet. Enttäuscht fahren wir weiter und kommen erneut an einer Kirche vorbei. Diese hat einige vielversprechende Stellen zum Campen. Als wir bei einem Haus klingeln, das wir für das Pfarrhaus halten, werden unsere kühnsten Erwartungen übertroffen. Conny und Linda laden uns ein bei Ihnen zu übernachten. Nachdem wir uns in unserem neuen Zimmer auf dem Dachboden ausgebreitet haben essen wir mit der Familie Abendbrot und unterhalten uns nett. Nach dem Abendbrot gucken wir noch zusammen den neuen Tatort wobei uns die drei Katzen des Hauses und ein Wellensittich Gesellschaft leisten. Zufrieden und trockener als wir es uns hätten denken können schlafen wir nach diesem ereignisreichen Tag ein.

Dienstag: Wir erwachen zu dritt auf dem Dachboden des großen ehemaligen Pfarrhauses unserer spontanen Gastgeber. So richtig können wir unser Glück immer noch kaum fassen, niemand von uns hätte auch nur im Traum damit gerechnet in Deutschland einmal bei einer Familie zu Hause zum übernachten eingeladen zu werden. Beschwingt von den Sonnenstrahlen, die durchs Dachfenster scheinen packen wir alles zusammen und begrüßen ein Stockwerk tiefer Conny. Sie lädt uns schon fast selbstverstänlich sogleich auf Kaffee und Müsli ein, dies nehmen wir dankend an. Während wir uns den Magen mit unterschiedlichsten Müslisorten vollschlagen erzählt sie und von ihren unzählig vielen Reisen mit ihren Kindern und zeigt uns ein paar ihrer selbstgeschriebenen Bücher. Absolut beeindruckt von ihren vielen Erlebnissen und Geschichten machen wir uns schließlich wieder auf den Weg und bedanken und noch einmal  ganz herzlich bei ihr für die entgegengebrachte Nächstenliebe. Wir hoffen ein Wiedersehen und Conny bestätigt dies mit „man sieht sich immer zweimal!“, da sind wir erleichtert.

Ein wenig versteckt hinter der Kirche liegt Connys Haus, welches sie vor einigen Jahren als ehemaliges Pfarrhaus gekauft hat.

Gestärkt vom Frühstück gleiten wir dahin und das Wetter ist wie wir mal wieder in bester Laune. Die restliche Strecke bis Leipzig lässt sich angenehm fahren und da wir keine größere Pausen mehr machen kommen wir schon am frühen Mittag in Leipzig an. Unterwegs treffen wir noch auf eine nette Radfahrerin, die eine Weile in unsere Richtung fährt. Wir unterhalten uns nett mit ihr und erfahren, dass sie auf dem Weg zur Flüchtlingshilfe ist und dort jeden Tag über 20 km pro Strecke hinfährt. Hut ab!

In Leipzig haben wir uns noch mit Linda verabredet, die dort jeden Tag von zu Hause aus hinpendelt und studiert. Wir treffen sie direkt auf dem zentral gelegenen Augustusplatz und erhalten dankend von dieser äußert willkommenen Zufallsbekanntschaft von gestern unseren letzten und 14. Eintrag ins Tagebuch der Anne Frank.

Der Augustusplatz in Leipzig, im Hintergrund die Uni Leipzig und der berühmt berüchtige mdr-Tower.
Linda ist die stolze Autorin des letzten Eintrags im Buch.

Kaum haben wir es uns auf der Bank bequem gemacht und die Mittags-Mahlzeit ausgepackt kommt auch schon unserer heutiger Gastgeber Phillip vorbei, ein guter Freund von Vincent. Im Schlepptau bringt er zur Überraschung seine Kommilitonin und unsere langjährige Schulkameradin Jana mit, es gibt ein frohes Wiedersehen. Wir verabschieden uns bei Linda auf baldiges Wiedersehen und werden von Phillip und Jana inklusive kleiner Stadtführung zu Phillips WG geleitet. Dort wird natürlich ersteinmal geduscht und dann auf der Terasse bei bestem Kaffee ein wenig entspannt.

Auf der Terasse von Phillips WG. Von links nach rechts: Phillips Schwester Rieke, Phillip, Adi, Jana, Vincent und Leon.

Doch lange kommen wir nicht zur Ruhe, denn Adi muss sich leider von uns verabschieden. Er hat morgen an der Uni Weimar eine Eignungsprüfung für Produktdesign und so begleiten wir ihn noch zum Bahnhof, mit dem Rad versteht sich. Wir verabschieden uns schon fast etwas melanchonisch von unserem treuen Begleiter der letzten 400km und freuen uns schon auf baldiges Wiedersehen in der Heimat. Anschließend beginnt das von Phillip und Jana bestens ausgearbeitet Abendprogramm. Wir lernen einen uns noch unbekannten Teil Leipzigs kennen, wo wir dann später bei Mateos (guter Freund von Phillip) Geburtstagsfeier eingeladen werden und einen spaßigen Abend verbringen.

Eine super nette Runde in Mateos (zweiter von links) WG, wie man sieht mit bester Pizza 😀

Mittwoch: Der Abend voller netter Gespräche, Zeichnen und viel Spaß wurde noch etwas länger. Noch vor dem Wecker wachen wir beide auf, was Phillip nicht ganz verstehen kann, doch trotzdem steht er um halb neun in der Früh auf (Studenten eben) und backt zum Frühstück sehr leckere Pancakes. Einmal mehr schlagen wir uns die Bäuche voll und packen schließlich etwas wehmütig unsere Sachen. Leipzig hat uns wirklich außerordentlich gut gefallen!

Nun wieder zu zweit radeln wir aus der Stadt hinaus. Auf gut ausgebauten Straßen, allerdings ohne Radwegbeschilderung geht es immer in Richtung Kassel! Das Wetter, welches am Morgen noch ganz gut aussah, verhält sich nicht ganz so, wie wir es gerne hätten. In Wellen wechseln sich dichte Wolken und blauer Himmel ab, die sich wie ein Band über uns erstrecken, so weit das Auge reicht. Die meiste Zeit haben wir jedoch viel Glück und können den Regen aus der Ferne beobachten.

Um einen kleinen Schauer kommen wir jedoch nicht herum. Wir erreichen Merseburg, in einer Phase mit sehr blauem Himmel, weshalb wir beschließen hier die Mittagspause zu machen.

Vorher…
…nachher.

Der Himmel zieht sich immer weiter zu und das ist unser Kommando zum aufbrechen. Leon ist plötzlich jedoch sehr am kämpfen, denn sein Kopf und Bauch machen ihm zu schaffen. Immer langsamer werdend radeln wir noch ein Stück weiter, doch irgendwann geht es einfach nicht mehr weiter. In einem kleinen Ort klingeln wir an einem Haus, vor dem sich ein sehr einladender Vorgarten erstreckt, weshalb wir fragen ob wir hier unser Zelt aufbauen dürfen. 

Kurz vor dem nächsten Schauer steht das Zelt…

Nach anfänglichem Misstrauen erlaubt uns das ältere Ehepaar hier zu nächtigen (im Hinterkopf spielen wir die Situation in Albanien durch, in der wir schon ungefähr drei Mal ins Haus eingeladen worden wären..). Schnell bauen wir das Zelt auf und keine Sekunde zu früh, denn sogleich beginnt es erneut zu regnen. Leon liegt nur noch abgeschlagen im Zelt und versucht sich zu erholen, sodass es an Vincent liegt, das Abendessen zu kochen. Etwas im Magen tut gut, doch trotzdem liegen wir heute früh im Schlafsack, da wir nicht viel Schlaf abbekommen haben letzte Nacht.

Donnerstag: Früh wachen wir auf. Leon hat kaum ein Auge zu gemacht und hat scheinbar ernsthaft Fieber bekommen. Das ist sehr ärgerlich gerade in den letzten Tagen der Tour, denn sämtlicher Puffer ist aufgebraucht und wir haben noch einiges an Kilometern vor uns. Schon gestern sind wir unter unserem Tagesziel geblieben, weshalb wir jetzt wohl oder übel aufs Rad steigen. Die beiden Hausbesitzer winken uns zum Abschied dann doch recht herzlich zu und wir fahren durch den Ort zum nächsten Supermarkt. Das Frühstück ist angesagt! Unter der Dorflinde (die wir übrigens in vielen Ländern gesehen haben) stärken wir uns und grüßen den einen oder anderen Passanten.

Wir starten den heutigen Tag mit einem Tempo, bei dem wir gestern aufgehört haben. Selten kommen wir über 15 km/h, doch immerhin sieht es so aus, als könnten wir so den Tag durchfahren. Sehr auf das Fahren und wenig auf die Umgebung konzentriert fahren wir Kilometer um Kilometer (beziehungsweise tut Leon dies, Vincent ist bisher zum Glück verschont geblieben, obwohl sich bei ihm eine Erkältung angekündigt hatte, um die er jedoch herum gekommen ist).

In der Mittagspause ORT!!!!! isst Leon ohne Appetit, doch um nicht noch mehr Energie zu verlieren muss er etwas essen. Einigermaßen ausgeruht schleichen wir weiter. Wie in einem Rausch fährt Leon weiter und weiter und möchte eigentlich nur noch nach Hause, weshalb wir noch einen Ort weiter fahren und noch einen, bis uns kurz vor Leinefelde ein guter und einigermaßen geschützter Campingspot zufällt, der obendrein noch einen sehr schönen Ausblick bietet… wir entscheiden ihn unter die Top drei der Campingspot-Aussichten zu nehmen.

Völlig ausgelaugt liegt Leon auf der ausgebreiteten Plane. Kaum zu fassen, wir sind heute über 100 Kilometer gefahren!!!!

Den vorletzten Tag der Tour haben wir ja schon größtenteils im letzten Blogeintrag geschildert. Nach Hann Münden sind wir schließlich noch zum Gut Kragenhof gelangt, ca. 14 Kilometer vor Kassel. Julian, dessen Familie den Hof besitzt und den wir vom gemeinsamen Rudertraining des Wilhelmsgymnasiums kennen, lässt es sich nicht nehmen uns ein Zimmer anzubieten und kocht uns obendrein noch ein Abendessen, was wir unglaublich zu schätzen wissen! An dieser Stelle nocheinmal tausend Dank dafür!

Die Euphorie und das Adrenalin lässt Leon auch den Samstag der Ankunft in Kassel überstehen! Jetzt ist zum Glück alles wieder auskuriert…

Wir bedanken uns sehr für eure Geduld beim Warten auf den Rest unseres Reiseberichts 🙂

In der ARD-Mediathek ist im übrigen unser Fernsehauftritt in der Sendung ‚Hallo Hessen‘ noch bis Montag abrufbar, in der es nocheinmal ein paar bewegte Bilder der Tour zu sehen gibt! Für alles weitere sind wir gerne bereit uns Löcher in den Bauch fragen zu lassen 😉 

Kurz vorm Ziel – Leon fiebert dem Ende entgegen #Tag 63

Hier melden wir uns nochmal kurz vor unserer Ankunft in Kassel. Die letzten Tage waren sehr vollgestopft, weswegen wir leider kaum Zeit zum Blog schreiben hatten und ihr deshalb hier auch nur ein kleines Update bekommt. Wie die letzte Woche verlaufen ist und was wir noch alles erlebt haben, könnt ihr dann in den nächsten Tagen lesen.

Freitag (09.06.17): So wie es das Schicksal will hat Leon seit gestern Fieber bekommen und seine Kräfte schwinden mit jedem Meter. Da wir schon am Mittwoch nur 71 km geschafft haben (bereits dort hat sich seine Krankheit angekündigt), haben wir es gestern irgendwie doch noch geschafft knapp über 100 km zu fahren. Dafür scheint Leon heute wie ausgepumpt, die Luft ist raus.

Die Morgensonne begrüßt uns auf dem brach liegendem Acker, der mit Mohnblumen übersät ist.

Wir überlegen gemeinsam, was wir nun tun. Leon meint „dann nehme ich eben für den Rest der Strecke den Zug“, doch irgendwie wollen wir das nicht wahrhaben. Wir haben es so weit geschafft und nun so kurz vor unserem Ziel aufgeben zu müssen, das kann nicht sein. So denkt Vincent nach und meint schließlich „würdest du es noch weiter schaffen, wenn ich deine Taschen nehme?“. Leon überlegt und lässt sich schließlich auf den Deal ein. Also packt Vincent Leons Hinterradtaschen oben auf seinen Gepäckträger und befestigt sie so gut wie möglich. Nun muss Leon wenigstens ein paar Kilo weniger mit sich rumschleppen, so steigt die Hoffnung ein wenig.

Viel mehr geht nicht, der Ständer von Vincents Rad ächzt unter der Last.

So rollen wir die ersten Meter noch relativ entspannt runter nach Leinefelde. Von dort aus geht es zum Glück recht eben nach Heilbad Heiligenstadt. Auf dem Weg dorthin stoßen wir auf den Weg, den wir auf unserer Probetour nach Erfurt im März gefahren sind. Ein lustiges Gefühl auf dem gleichen Weg in die verkehrte Richtung zurück zu fahren. Wir merken sowohl an der Landschaft als auch an den Ortsnamen, wie wir unserer Heimat immer näher kommen.

Über das Wetter können wir uns an diesem Vormittag wahrhaftig nicht beschweren.

Genau auf dieser Bank in Heilbad Heiligenstadt saßen wir schon auf unserer Probetour im März…

… knapp drei Monate früher noch im kühlen Frühling.

     

Gegen Mittag erreichen wir dann schließlich Witzenhausen, ein wenig erleichtert, dass wir doch voran kommen. Leon legt eine kurze Pause ein um alle seine nicht mehr vorhandenen Kräfte für die Weiterfahrt zu mobilisieren. Da wir beide, aber vor allem Leon, nur noch ankommen wollen fahren wir den Werratal-Radweg weiter bis nach Hann Münden. Mit letzten Kräften schafft es Leon bis auf eine Bank vor den Toren Hann Mündens und sinkt ermattet nieder.

Leon liegt flach auf der Bank während sich ein Unwetter ankündigt.

Während Leon sein Bestes versucht sich ein wenig zu regenerieren und für die letzten Kilometer bis zum geplanten (geheimen) Schlafplatz kurz vor Kassel Kraft zu tanken, kauft Vincent beim Bäcker fürs Mittagessen ein…

Es ist nicht mehr weit, wir sind fast am Ziel!

P.S. Wer uns morgen gerne auf unseren letzten Metern begleiten möchte ist herzlich dazu eingeladen mit seinem Rad nach Spiekershausen zu kommen. Dort werden wir gegen 10 Uhr ankommen und uns spätestens um 11 Uhr auf dem Weg zum Friedrichsplatz im Herzen Kassels machen. Treffpunkt in Spiekershausen ist direkt am Fuldaradweg bei der Gaststätte Fuldagarten. Wir freuen uns auf jeden, der kommt!

Für alle, die nicht dabei sein können: Wir kommen gegen 12 Uhr auf dem Friedrichsplatz an und werden dann morgen Nachmittag auch bei der Sondersendung des HR (Hessischen Rundfunk) zur documenta 14 zu sehen sein 😉

Von Prag und einem Neuzugang im Team docLink #Tag 54-56

Wir sitzen entspannt zu dritt am Ufer der Elbe und genießen bei einem malerischen Sonnenuntergang den erstklassigen Sound der mobilen Box von unserem neuen Mitstreiter und gutem Freund Adrian, auch allseits bekannt als Adi. Einmal wieder liegen sehr ereignisreiche Tage hinter uns.

Mittwoch: Wir wachen in den vermutlich luxuriösesten und gemütlichsten Bett unserer gesamten Tour auf, unser Zimmer in dem Familienhaus unserer warmshower Gastgeber gleicht eher einem Hotelzimmer als einem Gästezimmer. An der Wand hängen umwerfende selbstgeschossene Fotos von den vielen Reisen, die Monika und Jirka in den letzten Jahren und Jahrzehnten unternommen haben.

Wenn wir das Zimmer nicht so verunstaltet hätten, könnte man fast meinen es sei ein Hotelzimmer.

Entsprechend der angenehmen Umstände spielen wir einfach mal Wochenende und frühstücken ganz gemütlich draußen auf der Terrasse. Der kleine Sohn Petr spielt neben uns im Sandkasten und beschenkt uns fortwährend mit selbsthergestellten Leckereien aus seinem Reich. Als wir uns zu Genüge satt gegessen haben spielen wir noch eine Runde Fußball mit ihm, was mit dem quitsch fidelen und aufgeweckten Petr ein großer Spaß ist. Wir merken kaum, wie die Zeit vergeht und machen uns erst gegen 12 Uhr mit vollgeladenen Rädern auf den Weg Richtung Stadt. Monikas und Jirkas Haus steht in einem kleinen Vorort Prags, umgeben von Feldern und Wäldern.

Eine Ehre für Leon sich mit den Berühmheiten ablichten lassen zu können.

Jirka inklusive Peter im Fahrradsitz begleiten uns noch einige hundert Meter und geben uns einen goldenen Tipp für den Weg in die Stadt. Wir folgen ihrem Rat und kommen einmal mehr auf unsere Mountainbike-Kosten. Wenn man nicht wüsste, dass wir nur 10 km vor Prag durch einen dicht bewachsenen Wald mit Felsen fahren, könnte man denken wir befinden uns irgendwo im nirgendwo. Wir sind das erste Mal mit den voll beladenen Rädern in Freizeitklamotten unterwegs, ein ganz neues Gefühl von Freiheit.

Dieses Schild weckt ins uns einmal mehr den Mountainbike Hunger.
Leon ist der Spaß absolut anzusehen.

Jirka hat uns nicht nur die tolle Route ans Herz gelegt, sondern uns auch noch einen Farbladen verraten, wo wir brennbares Terpentin finden. Ob es gut brennen wird, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Weiter geht es entlang der Moldau Richtung Stadtkern, wo wir eine Essenspause in einem überteuerten Restaurant einlegen. Diese wird verlängert und genutzt fürs Blog schreiben, sodass wir uns von dort direkt mit unseren Rädern zu unserem neuen warmshowers host für die nächsten zwei Nächte in Prag aufmachen können. 

Schon fast paranoid setzen wir uns direkt neben die Räder, sodass wie sie stänidig im Auge behalten.

Kamil kommt aufgrund seines Jobs um kurz nach vier nach Hause, wo wir ihn in seiner Wohnung antreffen. Seine Freundin Hana war schon ein wenig früher da und hat uns bereits freundlich Eintritt gewährt. Wir sind sehr dankbar unsere Räder nun an einem sicheren Ort zu wissen, da uns immer wieder von einigen Leuten vor der hohen Gefahr von Fahrraddiebstählen in Prag gewarnt wurden.

Wir sind in Prag!

Kamil und Hana machen sich sogleich wieder los auf eine kleine Radtour zu einem nah gelegenen Freibad und fragen uns, ob wir sie begleiten wollen. Doch da wir nur noch den heutigen Nachmittag/Abend und den morgigen Tag zur Besichtigung Prags zu Verfügung haben, lehnen wir schon fast enttäuscht ab. Doch unser Alternativprogramm lässt auch nichts zu wünschen übrig. Auf uns wartet unter anderem die weltbekannte Prager Burg, die wir sowohl von Außen als auch von Innen bestaunen. Sie ist so riesig, dass in einem der Innenhöfe einfach noch eine ganz bescheidene Kathedrale ihren Platz gefunden hat. Damit ist sie die größte noch erhaltene geschlossene Burganlage der Welt.

Die Kathedrale innerhalb der Prager Burg.
Luftaufnahme der Burg gemacht von unserer Drohne… nein Spaß, dieses Foto hat Vincent am nächsten Tag von weit oben geschossen.

Wir laufen einige Zeit durch die Stadt und die Zeit vergeht mal wieder schneller als man sich es wünscht. So kaufen wir nach einem vierstündigen Rundgang noch etwas Gemüse und Kartoffeln fürs Abendessen ein und begeben uns wie gewohnt bei Stadtrundgängen zu Fuß auf den Rückweg. Hana und Kamil sind schon wieder einige Zeit zu Hause als wir zurück kommen und so beginnen wir gleich mit dem Kochen für uns alle. Es wird ein geselliger Abend zu viert und wir haben uns bei guter Getränkeversorgung durch Kamil viel zu erzählen. So gehen wir wieder einmal ungewohnt spät (die Ungewohnheit wird so langsam schon fast zur Gewohnheit) zu Bett. Wir haben einmal mehr wieder einen super coolen warmshowers host gefunden, noch dazu durch unverschämtes Glück veranlasst.

Donnerstag: Vincent ist früh wach an diesem Morgen, da er unruhig geschlafen hat. Leon hingegen kriecht putzmunter aus den Federn. Der Abend gestern mit ungewohnt viel Alkohol, den wir beide nicht gewohnt sind, hat durchaus seine Spuren hinterlassen. Kamil und Hana sind früh zur Arbeit aufgebrochen, wohingegen wir uns viel Zeit lassen, bis wir endlich los kommen. Vincent hat sich fest vorgenommen heute seiner Frisur einen neuen Look zu verpassen, weshalb wir erst gemeinsam die Straße hinunter laufen und beim Friseur dann individuelles Programm beginnen, ähnlich wie in Wien, jedoch verabreden wir uns fürs Mittagessen bei einer der Synagogen in der Altstadt, die wir uns ansehen wollen.

Leon marschiert also weiter und macht einen Schlenker über einen nahe gelegenen Park, der in Treppen wieder auf der Hauptstaße mündet. Als er in einen der vollgestopften Fahrradläden schaut, kommt Vincent gerade heraus. Verwundert darüber erklärt ihm Vincent, dass der Friseur keinen Termin mehr frei hatte, weshalb er ein Stück weiter sein Glück versucht (nicht in dem Fahrradladen, in dem er sich plötzlich wieder fand – wie konnte das nur passieren?). Während Leon sich zu einem Bäcker auf macht um ein Frühstück zu kaufen – es ist bald Mittag – bleibt er stutzig an einer Kreuzung stehen, denn dort kommt ihm ein nichts ahnender Vincent entgegen… Er hatte wieder kein Glück und da ihm der dritte Friseur zu teuer ist, bei dem er vorbei schaut, gibt er es auf. Stattdessen läuft er zum ‚Eiffelturm‘ (so haben wir ihn getauft, da er gewisse Ähnlichkeiten mit dem Türmchen in Paris aufweist) der auf einem der Hügel steht und von dem sich eine enorme Aussicht erstreckt.

Der kleine Eifelturm steht auf einem Hügel direkt angrenzend zur Innenstadt.
Eine noch deutlich gigantischere Aussicht gibt es hier zu bestaunen als am Vorabend von der Burg aus.
Unwissend kommt Vincent auf seinem Abstieg in die Stadt bei diesem schicken Gebäude vorbei und trifft dort glücklicherweise auf zwei Deutsche, die ihn aufklären. Es handelt sich um den berühmt berüchtigten Garten der deutschen Botschaft, von dessen Balkon aus der damalige Bundesaußenminister Genscher die frohe Botschaft verkündete.

Insgesamt bleibt er weiter auf der Seite der Stadt, in der wir uns gestern auch aufgehalten haben. Leon läuft unterdessen ziellos durch die Straßen der Altstadtseite und schaut sich die unglaublichen Häuserfassaden und anderen beeindruckend schönen Gebäude an. Dazu zählt allerdings nicht der Fernsehturm, zu dem er eher aus Versehen gelangt.

Da hat sich wohl ein Architekt etwas besonderes einfallen lassen wollen, unseren Geschmack trifft es nicht so.

Am besagten Treffpunkt sind wir beide dann mehr oder weniger pünktlich und kaufen uns ein Mittagessen an einem der Straßenstände. Wir laufen gemeinsam zum Hauptplatz in der Altstadt zurück, wo Leon erneut vor der Nationalgalerie stehen bleibt. Schon vorhin hat er davor gestanden und überlegt, welche Ausstellung er sich ansehen soll. Er entscheidet sich schließlich für Gerhard Richter, obwohl die anderen Künstler (zum Beispiel Andy Warhol) auch sehr verlockend waren… 

Die Altneu-Synagoge ist heute aufgrund der jüdischen Feiertage leider geschlossen.
Die Stadt ist heute brechend voll, Pfingsten und das gute Wetter geben ihr bestes dafür.. Hier auf der bakannten Karlsbrücke.

Danach gesellt sich Leon wieder zu Vincent, der seine Füße im nahen Franziskanergarten ausruht und wir verbringen einige Zeit dort mit Lesen, entspannen und mal wieder Blog schreiben. Da es sich dem Abend zuneigt, laufen wir zurück zu Kamils und Hanas Wohnung. Unterwegs schauen wir beim selben Supermarkt vorbei wie gestern und Leon verarbeitet das Gemüse und die Nudeln zu einem schmackhaften Abendessen. 
Vincent lehnt sich währenddessen keineswegs zurück, sondern schnappt sich sein Fahrrad und fährt zum Busbahnhof in der Innenstadt und holt dort Adi ab, der nach über 10 Stunden Busfahrt mit seinem Rad im Gepäck zu uns stößt. Die nächsten Etappen werden wir zu dritt unterwegs sein! Eine sehr willkommene Abwechslung.

Auf dem Rückweg zur Wohnung können Adi und Vincent diesen Anblick der Burg genießen.

Kamil und Hana sind in der Zwischenzeit nach Hause gekommen und plaudernd, essend und mit etwas hochprozentigem verbringen wir den letzten Abend in Prag. Hana schreibt einen neuen Satz in das Anne-Frank-Tagebuch, welches nun fast vollständig ist…

Gesellige Runde am zweiten Abend mit Kamil und Hana. Anne Frank darf natürlich auch nicht fehlen!

Freitag: Nachdem wir uns von Hana und Kamil verabschiedet haben putzt leon sogar das Treppenhaus noch ein wenig (da leider eine Flasche runtergefallen und geplatzt ist).

Aufbruch von dem Haus, wo sich die Wohnung unserer warmshowers hosts befindet.

Anschließend holt Vincent uns erst einmal Frühstück, kommt aber erst nach einer ganzen Weile von der großen Auswahl und Anzahl an Leuten ganz schockiert zurück.  Zur Beruhigung suchen wir uns einen kleinen Park und genießen zu dritt die große Auswahl an Brot und Brötchen die Vincent erbeutet hat.

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Frühstück im Franziskanergarten im Herzen Prags.

Mit gefüllten Mägen machen wir uns auf den Weg und müssen erstmal eine kleine Etappe mit großer Steigung überwinden.

Willkommen! Unser Neuzugang Adi persönlich.

Zur Belohnung erwartet uns oben eine ganze Reihe an Kirschbäumen mit saftigen, roten  und reifen Kirschen. 

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Das Phänomen der reifen Kirschen, die am weitesten weg hängen scheinen immer die besten zu sein.

Wir machen uns sofort daran unseren Appetit zu stillen und einige Kirschen in einer Tüte zu sammeln. Nachdem die Tüte voll ist und wir uns erst mal satt gegessen haben geht es schweren Herzens weiter. Um der Versuchung noch mehr zu essen zu wiederstehen müssen wir unsere Blicke abwenden. Aber bei dem letzten Baum wird Adi schwach und nimmt sich doch noch eine letzte Kirsche. Einige Kilometer weiter bemerkt Adi, dass er in seiner Euphorie über die Kirschen seine Brille verloren hat. Aber das Problem ist schnell gelöst, beim nächsten Einkauf findet er eine neue Brille. Zur Mittagszeit gibt es Müsli und die gesammelten Kirschen.

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Genug Monition für den anschließenden Wettkampf.

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Mit diesen veranstalten wir anschließend ein großes Kirschkernziel- und weitspucken unter dem Vincents Fahrrad ein wenig zu leiden hat da die darauf abgelegte Sonnenbrille als Ziel fungiert. Nachmittags/abends stoßen wir auf die Elbe und gehen, als wir eine geeignete Stelle finden kurz entschlossen baden.

Erst geht es ein gutes Stück auf einer Bundesstraße entlang, das hatten wir lange nicht mehr.

Gegen Abend können wir dann einen top ausgebauten Radweg direkt an der Elbe entlang genießen.

Die ersehnte Erfrischung finden wir kurz vor unserem heutigen Nachtlager in der Elbe.

Nachdem wir noch einige weitere Kilometer gefahren sind finden wir eine super Stelle zum campen. Der Platz liegt direkt an der Elbe, es gibt eine Schaukel, einen Tisch mit einem Stuhl sowie ein Plumsklo. Also bestens ausgestattet!

Das erste Mal haben wir noch ein zweites Zelt neben unserem stehen.

Nachdem wir unsere Zelte aufgebaut haben macht Vincent Gemüse mit Bulgur. Es schmeckt ausgezeichnet.


Nach dem Abspülen lassen wir den Tag mit ein wenig Musik und ein paar Keksen ausklingen und genießen den spektakulären Sonnenuntergang.

P.S. Dieser Blogbeitrag wurde zum ersten Mal durch einen anderen Autor bereichert, unseren Neuzugang Adi. Wir freuen uns sehr, dass uns dadurch etwas Arbeit erspart bleibt. Danke an den dritten in unserem Bunde!

Glückspilze hoch 10 #Tag 52 und 53

Montag: Die Mückenschwärme haben sich am Morgen zum Glück fürs erste verzogen, sodass nur das Summen von Bienen und das knarren der Bäume zu hören ist. Vincent macht der Heuschnupfen in der hohen Wiese deutlich mehr zu schaffen als sonst, sodass er froh ist von hier wegzukommen. Trotzdem genießen wir die Morgensonne, die ihren Weg durch die Bäume findet – wir fahren in ähnlich bewaldeter Landschaft wie gestern.

Nach den ersten Kilometern halten wir in einem kleinen Ort, der nur aus ein paar Häusern besteht. Dennoch hat er eine Kirche, einen Bahnhof und ein kleines Lebensmittelgeschäft. Selbst eine Dorfkneipe finden wir, wo herrlich einladende Bänke vor stehen. Wir haben zwar ein großes Brot, doch Vincent lässt es sich nicht nehmen, ‚morning oats‘ zu machen. Leon ist den Luxus einer überdachten Bank nicht gewöhnt. Als er aufsteht, um Zucker hervorzukramen, stößt er sich ziemlich schlimm den Kopf und kann sich einen ordentlichen Fluch nicht verkneifen, doch es scheint nichts weiter passiert zu sein.

Vincent verbessert jedes Mal das Morning-Oats-Rezept…

Da wir auf sehr fahrradfreundlichen Wegen unterwegs sind und die Beule am Kopf doch noch weh tut, entscheidet Leon heute zum ersten Mal auf der Tour ohne den Helm zu fahren. Wie immer hätte es deutlich schlimmer sein können… 😉

Die Wald- und Wiesenlandschaft wird um eineige schöne Seen und Tümpel ergänzt, die immer wieder links und rechts von uns wie aus dem nichts auftauchen. Leider sind sie allesamt zu flach oder der Einstieg ist doch arg schlammig, sodass wir nur eine Abkühlung für die Füße bekommen. 

Vincent tastet sich langsam in den See vor.

Entlang der Lainsitz fahren wir auf einem guten Radweg entlang. Wir empfinden es als sehr angenehm, dass nicht alles von Orten zugepflastert ist und man die schöne Natur ungestört auskosten kann. Dennoch ist ab und an ein Lebenszeichen von Zivilisation nicht schlecht, da es die Sorge um eine Möglichkeit zum einkaufen besänftigt (dank GPS wissen wir natürlich auch so, dass größere Orte in der Nähe sind, doch tut es gut, nicht ständig darauf zu schauen). 

Die heutige Etappe ist deutlich flacher als am Vortag, sodass wir deutlich besser vorankommen – so war das auch grob eingeplant. Nach knapp 60 Kilometern kommen wir nach Veselí nad Lužnici. An der Lainsitz gelegen (wie der Name schon sagt), ist es hier ganz gut auszuhalten. Perfekt für eine Mittagspause. Nach einem Stop beim Bäcker setzen wir uns in den Schatten eines Baumes auf eine Bank.

Nachdem wir schon gut gegessen haben, setzen wir uns in ein Café, heute stecken wir uns allerdings mal ein Zeitlimit, um die vorgenommene Strecke zu schaffen, denn keiner von uns hat Lust, morgen eine Monsteretappe zu fahren.

Den Bordcomputer ausgepackt schreibt es sich gleich schneller.

Gegen vier fahren wir also weiter und kommen wieder in den Wald. Diesmal nur mit dem Unterschied, dass sehr unregelmäßig gelegte Betonplatten den Weg bilden. Wir holpern deshalb etwas langsamer weiter. Nach kurzer Zeit muss Leon jedoch anhalten. Seine hintere Radtasche hat sich gelöst. Als er sie wieder einhängen möchte, stellt er fest, dass sich eine Schraube gelockert hat und irgendwo auf dem zurückliegenden Weg liegen muss. Provisorisch löst er eine der mittleren Schrauben der Tasche und steckt sie ans äußere Ende der Halterung, die dort deutlich mehr Belastung ausgesetzt ist.

Das erste Mal werden wir von Ortlieb enttäuscht…

Etwas vorsichtiger geht es weiter (was kaum möglich ist) und wir fahren in Richtung der nächsten größeren Stadt. Um nach Tabor hineinzufahren, müssen wir einen ordentlichen Hügel hinauf. In einem Supermarkt findet Leon alles für ein gutes Abendessen, sodass wir noch entspannt ein kleines Stück weiter fahren.

Die Gopro in action… bewegte Bilder gibt es bei unserer Ankunft in Kassel zu sehen.

Ein paar Orte weiter entdecken wir eine perfekte Wiese, die allerdings direkt an einem Dorf liegt. Ein Mann, der in seinem Garten am werkeln ist, erlaubt uns dort zu Campen (zumindest hat er nichts dagegen). Also wird das Zelt aufgeschlagen und die Schlafsäcke zum Lüften aufgehangen. Vincent widmet sich den verbogenen Heringen, die dem harten Boden nicht standgehalten haben. An einem alten Anhänger ist die perfekte Stelle dafür. Unterdessen kocht Leon ein leckeres Essen – es gibt Reis mit einer Erdnuss-Curry-Soße, verfeinert mit etwas Frischkäse. Vincent stellt etwas belustigt fest, dass wir heute zu jeder Mahlzeit Frischkäse gegessen haben, der ist tatsächlich universell einsetzbar. 😀 

Die Vielseitigkeit einer Actioncam wollen wir nicht missen..

Ein kleines Highlight sind die unschlagbaren Dinkeldoppelkekse, die wir zum Nachtisch verspeisen. Der Abend klingt lesend aus, bis wir irgendwann ins Zelt kriechen.
Dienstag: Geweckt werden wir von irgendeinem Hund, der aufgeregt um unser Zelt tigert (oder eben hundet). Doch wir haben Glück und er sieht die hauchdünne Zeltwand als zu großes Hindernis oder er ist einfach zu wenig neugierig was sich dahinter wohl verbergen könnte. Wenig später begrüßen wir die Morgensonne und packen unser Zelt ein. Wir sind uns einig, dass wir mal wieder einen genialen Campingspot gefunden haben. Super Aussicht, Sitzgelegenheit auf ein paar herumliegenden Holzbrettern und obendrein noch ein abgestellter Traktoranhänger, den Vincent als Zeltheringe-Biegevorrichtung genutzt hat, besser geht es kaum!

Schon nach ein paar Kilometern werden wir in einem kleinen Ort im dortigen Supermarkt fündig und besorgen die noch nötigen Frühstückszutaten. Auch heute versucht sich Vincent mal wieder mit Morning-Oats auf dem Campingkocher (eine traditionelle Mahlzeit aus Südafrika, bestehend aus Haferflocken & Wasser), welches erstaunlich gut klappt.

Schon wieder Morning Oats, wir können kaum genug kriegen von diesem köstlichen Schleim.

Gut gesättigt geht es auf die Straße, die uns abwechselnd an Feldern (vor allem Rapsfelder) und durch Wald führt. So wird es nie langweilig, denn die leicht hügelige Landschaft hat viel Abwechslung zu bieten.

Kurz vorm Mittag kommen uns zwei Frauen auf dem Rad entgegen, sie sprechen auch deutsch. Eine der beiden ist in Lüneburg gestartet und ist in Richtung Rumänien unterwegs. Ihre Freundin begleitet sie von Prag bis Wien, so fahren sie leider auch wieder in die entgegengesetzte Richtung von uns. Doch sie haben einen goldenen Tipp für uns, denn sie haben in Prag das Vergnügen gehabt einen warmshowers host gefunden zu haben. So bekommen wir die Nummer von Kamil und machen uns jedoch keine große Hoffnungen so kurzfristig über Telefon eine Zusage zu bekommen. Gleich nachdem wir uns von den beiden Radlerinnen verabschiedet haben ergreift Vincent die Initiative und ruft bei Kamil an. Als er kurz darauf wieder auflegt ist er völlig aus dem Häuschen, wir haben eine Zusage für zwei Nächte in Prag bekommen! So viel Glück, da schämen wir uns schon fast für. Wir hatten uns schon auf ein Hostel in Prag eingestellt und können es noch kaum fassen einmal wieder so kurzfristig noch etwas gefunden zu haben.

Mit so viel Glücksgefühl im Bauch radelt es sich die nächsten 15 km bis zu Mittagspause wie von selbst, obwohl es inzwischen schon fast unerträglich heiß geworden ist. Wir finden zum Glück noch eine halbwegs schattige Bank, wo wir unsere Brotzeit (zum Glück wieder einmal gehaltvolles Graubrot!) genießen.

Noch sind wir Schattenparker.

Um die Pause noch ein wenig zu verlängern, setzen wir uns noch in den überdachten Außenbereich einer Bar und schreiben mal wieder am Blog. Als wir rein gehen zum bestellen, finden wir eine Stammtischrunde vor, welche um diese Uhrzeit schon gut dabei ist.

In der Sonne ist es nicht mehr auszuhalten. Ganze 50°C zeigt der Tacho an…
Leon verschläft den größten Teil der Pause, er ist nicht für die heißen Temperaturen gemacht.

Es heizt sich immer weiter auf und nach einer guten Stunde bemerken wir mit Freude das sich nähernde Gewitter. Wir packen schnell unsere Sachen und fahren weiter, denn den herrliche Sommerregen wollen wir uns nicht entgehen lassen. Doch anscheinend will uns der Wettergott noch keine erfrischende Dusche gönnen, denn das Gewitter zieht einen Bogen um uns. Dort wo wir einige Kilometer später vorbei fahren ist die Straße nass, doch wir sind nur nass vom schwitzen. Zum Glück stoßen wir kurz darauf auf einen kleinen Fluss, der einige Kilometer später in die Moldau mündet. So heißt es ab in die Badehose in nichts wie rein ins kühle Nass.

Zwar ist das Wasser so flach, dass man fast überall stehen kann, aber die Abkühlung tut trotzdem sehr gut!

Natürlich fängt gerade an zu regnen, als wir überglücklich im Wasser schwimmen und alle Taschen mit unserer Kleidung am Ufer offen sind. So starten wir einen kurzen Sprint aus dem Wasser und retten, was zu retten ist. Das ist zum Glück das meiste, denn der kurze Schauer wartet netterweise noch kurz mit seinem Höhepunkt.

Als wir uns weiter machen ist es schon kurz vor sechs und so ist ordentlich strampeln angesagt. Denn die heutige Nacht verbringen wir in einem kleinen Vorort von Prag bei einer Familie, die uns noch sehr begeistern wird. Doch zunächst müssen wir noch ein paar Höhenmeter von der Moldau aus ins Hinterland empor klettern. Plötzlich gewittert es wieder und wenig später schüttet es, wie aus Eimern. In null Komma nix sind wir klitschnass, doch das ist unglaublich angenehm, denn es hat immer noch 25°C.

Wir kommen uns vor wie im Regenwald! Die Straßen dampfen, es schüttet ohne Unterlass und trotzdem ist es superwarm….

Der Regen ist kurz aber dafür umso kraftvoller. Oben auf dem Hügel angekommen fahren wir aus der Regenfront heraus in das Licht der Abendsonne, ein wahnsinnige Wolkenformation bietet sich vor uns dar. Und als wir uns umdrehen können wir einen prachtvollen Regenbogen bestaunen, was für ein Naturspektakel!

Da fehlen selbst uns die Worte…

Schon jetzt sind wir absolut überwältig von diesem außerordentlichem Tag, doch er ist noch nicht zu Ende. Denn als wir bei unserer warmshowers Familie ankommen, stellen wir fest, dass wir es mit wahren Berühmtheiten zu tun haben. Monika und Jirka haben aus ihrer Leidenschaft zum Reisen (vor allem mit dem Fahrrad) einen Nebenjob gemacht, denn sie schreiben ganze Bücher und Berichte für große Zeitschriften. Und damit noch nicht genug, seit Anfang des Jahres haben sie einen bisher in Tschechien einzigartigen Onlineshop für Outdoor-Equipment, welche sie alle selbst erfolgreich auf ihren Reisen getestet haben. Für alle Interessierten: http://www.kilometry.cz (leider beschränkt sich die Auslieferung der Waren bisher auf das tschechische Staatsgebiet).

Enjoy!

Nach einer Dusche kochen wir das vermutlich beste Gourmetessen unserer Reise (als allzeit hungriger Radfahrer denkt man das bei fast jeder Mahlzeit) und setzen uns noch zu Monika & Jirka. Wir tauschen noch viele spannende Geschichten aus, wobei die beiden aufgrund ihrer Reiselebens deutlich mehr zu erzählen haben. Nicht zuletzt erfahren wir, dass sie seit einigen Jahren nun mit ihren kleinen Kindern im Anhänger Fahrradtouren machen, u.a jeweils 3 Monate in Australien und Neuseeland. Schließlich gehen wir völlig fasziniert von den beiden Reiseverrückten und hundemüde in unserem luxuriösen eigenen Zimmer gegen Mittarnacht schlafen.

Von hundert Wassern und der Tschechei #Tag 50 und 51

Nachdem wir wunderschöne Tage in Wien verbracht haben, ging es nocheinmal in die wilde Natur Österreichs. Traumhafte Landschaften, traumhaftes Wetter, traumhafte Radtour…

Samstag: Es war eine kurze letzte Nacht im Wohnwagen, da wir bis nach Mitternacht mit dem Blog beschäftigt waren. Doch was solls, wir sind beide hoch motiviert und stehen energiegeladen auf. Wir setzen uns zu Heini mit an den Frühstückstisch und kommen wieder in ein lang anhaltendes sehr interessantes Gespräck. Heini scheint uns wie ein wandelndes Lexikon, er weiß wirklich viel über Land & Leute, Fahrräder und viele andere Themen. Unter anderem kennt er natürlich auch das Tagebuch der Anne Frank und so fragen wir ihn, ob er sich in unserem Buch verewigen möchte.

Das Tagebuch, Heini und wir.

Wir bemerken kaum, wie die Zeit verfliegt und gegen 10 Uhr verlassen wir schließlich wohl genährt den Frühstückstisch. Wie immer, wenn wir für längere Zeit an einem Ort Pause gemacht haben, dauert es seine Zeit bis wir wieder alle quer verstreuten Habseligkeiten effizient gepackt in unseren Packtaschen verstaut haben. Da der Wohnwagen wirklich sehr klein ist und in den letzten drei Tagen ein ziemliches Durcheinander entstanden ist, dauert das packen entsprechend länger. Als wir um kurz nach elf immer noch nicht aufgebrochen sind, kommt Anna zu uns und meint scherzhaft, ob wir wirklich heute fahren wollen. Und dann fügt sie ernstgemeint hinzu, dass wir sehr gerne noch eine Nacht länger bleiben könnten. Wir würden diese Einladung zu gerne annehmen, doch unser Zeitplan lässt eine weitere Nacht im wunderschönen Wien leider nicht zu. Was aber fest steht, wir kommen definitiv wieder! Vincent vielleicht sogar noch dieses Jahr, da er nun ernsthaft überlegt in Wien zu studieren.

Zusammen im Garten vor Heinis und Annas schönem Haus.

Leider ist auch irgendwann der schönste warmshowers Aufenthalt vorbei und so verabschieden wir uns schließlich um 11:40 Uhr wehmütig von Heini und Anna. Wir schießen noch gemeinsam ein letztes Foto und versprechen uns zu melden, wenn wir wieder in Wien sind. Dann fahren wir wirklich los, so spät sind wir selten gestartet. Wir haben unsere ursprüngliche Route von Wien nach Prag nach der begeisterten Erzählung von Andreas über die Wachau und nach Empfehlung von Heini noch kurzfristig gestern umgeändert, sodass wir heute noch ein letztes Mal die Donau entlang fahren. Doch um zur Donau zu kommen, müssen wir erstmal über ein paar Hügel fahren.

Auf dem Weg zur Donau bei strahlendem Sonnenschein durch die Felder.

Nach 30 km durch eine schöne Landschaft mit immer wieder kleinen netten Dörfchen sind wir wieder an der Donau angekommen und folgen weiter dem Donauradweg flussaufwärts. Hier treffen wir wieder auf einen Radfahrer nach dem anderen, vermutlich auch weil so unverschämt gutes Wetter ist. Wie gewohnt grüßen wir jeden Radfahrer, der uns entgegenkommt, doch scheint die Begrüßungskultur unter Radfahrern hier nicht ganz so stark ausgeprägt zu sein. Doch davon lassen wir uns nicht beirren und grüßen weiter hartnäckig. Es fühlt sich teilweise an wie eine Art Begrüßungs-Therapie, bei dieser Menge von Radfahrern müssen wir uns so unsere Sauerstoffkapazitäten sinnvoll einteilen.

Das Atomkraftwerk Zwentendorf in voller Pracht.

Es ist schon Mittagszeit, als wir bei einem nie in Betrieb genommenen Atomkraftwerk vorbei kommen. Dort erfahren wir auf der Infotafel, dass dieses Ungetüm kurz nach der Katastrophe von Tschernobyl fertiggestellt wurde und der damalige österreichische Präsident eine Volksentscheidung bezüglich der Weiterführung von Kernenergie veranlasste. Dem denkbar knappen Ergebnis des Entscheids gegen Kernenergie hat es Österreich heute zu verdanken, dass es komplett frei von AKWs ist. Und so wurde das AKW Zwentendorf umgenutzt und ist heute Veranstaltungsort, bietet Trockenübungen für angehende Atommechaniker und produziert mit einigen Solarpanelen obendrein noch sauberen Strom.

Entlang des Donauradwegs stoßen wir immer wieder auf solch aufwendige Radwegebeschilderung. So groß, man könnte meinen hier habe das Fahrrad das Auto ersetzt 🙂

Das Essen in der einer Almhütte nachempfundenen Gaststätte daneben ist uns zu teuer und so schieben wir uns einen Energieriegel rein und fahren noch knapp 30 km bis wir in Krems an der Donau ankommen. Dort legen wir dann mit nicht enden wollenden knurrenden Mägen endlich eine verspätete Mittagspause ein.

Erst setzen wir uns in Krems auf eine schattige Bank und stillen den ersten Hunger.

Nachdem wir unseren Energiehaushalt wieder einigermaßen aufgefüllt haben, setzen wir uns noch in ein Café um das Wifi zu nutzen und seit langem mal wieder einen Blogeintrag hochzuladen. So vergeht die Zeit wie im Flug und als wir uns zum weiterfahren bereit machen ist es schon kurz vor sechs. 

Nach dem ersten Essen folgt eine Genusspause im Café.

Ein wenig schade, denn der schönste Teil der Etappe steht uns noch bevor: die Wachau. Sie erstreckt sich von Krems aufwärts der Donau und ist berühmt für ihr warmes Klima und viele sehr idyllisch kleine Orte. Hier fahren wir nun entlang und versuchen in der sehr beschränkten Zeit im Abendlicht diese einzigartige Landschaft so gut zu genießen wie möglich.

Eine unverwechselbare Landschaft mit warmen Klima kann man in der Wachau bestaunen.
Leider im Licht der untergehenden Sonne keine optimalen Fotobedingungen mehr.

Schließlich kommen wir nach Weißenkirchen wo unser Track uns nun aus der Wachau heraus Richtung Norden leitet. So müssen wir uns nun endgültig von der Donau verabschieden, sie hat uns nun schon ein ganzes Stück unserer Reise begleitet. Angesichts der vorangeschrittenen Abendstunden schauen wir uns zunächst direkt in Weißenkirchen nach einem belebten Garten um, wo wir nach einem Stück freier Wiese fragen wollen. Doch leider ergibt sich hier keine Möglichkeit, sodass wir notgedrungen die Strecke weiterfahren. Da die Wachau ein von Weinbergen gesäumtes Gebiet ist, müssen wir jetzt die nächsten 8 km im Wald stetig bergauf fahren. Darauf sind wir weniger erpicht und vor allem gestaltet es sich im steil abfallenden, dicht bewachsenen Wald als schier unmöglich einen Zeltplatz zu finden. Doch das Glück scheint wieder einmal auf unserer Seite zu stehen, denn nach dem ersten Drittel des Anstiegs treffen wir auf ein junges Paar, die zu Fuß ebenfalls auf der Suche nach einen Campingplatz im Wald sind. Wir kommen ins Gespräch und sie zeigen uns auf der Karte eine etwas versteckte Lichtung nicht weit oberhalb. Das scheint wie bestellt und wir verabschieden uns dankend für diese wertvolle Information.

Suchaufgabe, wer von euch sieht unser Zelt als erstes 😀

Erleichtert finden wir die beschriebene Lichtung wenige Minuten später und verteilen sogleich Aufgaben. Leon fängt an zu kochen während Vincent die unsere nächtliche Behausung aufbaut. Natürlich ist Vincent schneller fertig als Leon mit dem Kochen und so schreibt er übermotiviert gleich den zweiten Blogeintrag heute. Als er schon fast fertig ist und Leon zum Essen ruft kommt er dummerweise (inzwischen ist es schon dunkel geworden) auf eine falsche Taste und mit einem Mal ist alles weg, ohne Option zum rückgängig machen. Super ärgerlich! Aber ärgern bringt einen bekanntlicherweise nicht weiter und daher wird erstmal kräftig zugeschlagen beim Abendmahl. Mit vollem Magen sind wir dann beide so müde, dass es nur noch heißt ab ins Zelt und gute Nacht.

Sonntag: Die Geräuschkulisse des Waldes um uns herum ist unglaublich, als wir morgens aufwachen. Strahlender Sonnenschein kündigt einen warmen Tag an, der uns zur Abwechslung mal wieder einiges an Höhenmetern bringen wird. Guter Dinge packen wir zusammen, fahren den ersten Berg hinauf (je nach sichtweise auch Hügel) und suchen uns eine Bank im nächsten kleinen Ort, auf der wir unser Frühstück ausbreiten.

Die Dorflinde ist an diesem Morgen der perfekte Platz zum Sonne genießen.

Einen Hügel hinauf, einen hinab geht es von nun an kontinuierlich durch eine Wald- und Wiesenlandschaft, die im Morgenlicht strahlt. Wald und Wiese sind zwar meistens von asphaltierten Wirtschaftswegen durchzogen, doch zwischendurch ruft erneut das Abenteuer, denn es geht durch tieferen Wald eine Mountainbikestrecke entlang, die uns zunächst noch bangen lässt, ob wir dort überhaupt durchkommen (das GPS zeigt einen Bachlauf an, was durchaus einen déjà-vu-Charakter hat). Österreich scheint jedoch auch für Mountainbiker einiges zu bieten zu haben, denn bald ist der Weg sehr gut beschildert, was uns erleichtert. Im Tal, in dem der Bach fließt, steht schließlich sogar ein Gasthaus so ziemlich im nirgendwo herum.

Ein unglaubliches Licht fällt durch die Bäume, während wir eine buckelige Abfahrt bestreiten.

Die Hügel hinauf und hinab strampeln wir dem Mittag entgegen. Die Landschaft wird etwas offener, sodass wir durch weniger Wald fahren. Bei diesem Licht, was durch die Bäume fällt, ist das sehr schade…

An einem Feld halten wir zwischendurch an, denn hier wächst jede Menge Schnittlauch, von dem wir uns gleich etwas pflücken.

In Zwettl legen wir eine frühe Pause ein. Nachdem wir erst durch ein großes Gewerbegebiet gefahren sind, erreichen wir den Stadtkern, in dem auch am Sonntag viel los ist. Diverse Cafés locken die Leute bei heißen Temperaturen zu einem Eis heran. Ein Brunnen zieht uns magisch an, der kunstvoll verziert nur von Hundertwasser stammen kann. Der dazugehörige Sitzpavillon spendet Schatten, in dessen Schutz wir unsere Brotzeit auspacken, nachdem wir unsere Füße im Brunnen gekühlt haben. Während wir so dasitzen, kommen verschiedene Leute an und gesellen sich zu uns. Eine Familie, ein älteres Ehepaar, eine junge Frau mit Hund… dieser Platz lädt zum Reden ein, was Hundertwasser geschickt verwirklicht hat.

Der erste Handstand im kühlen Nass seit einigen Wochen!

Vincent muss den Schnittlauch unbedingt festhalten, den Leon sorgfältig und werbefotoreif drapiert hat, jedoch hat er Hunger und treibt ihn zur Eile an.

Gesättigt und so voll gegessen machen wir erstmal eine Verdauungspause. Vincent hat an den Armen zu viel Sonne abgekriegt und bleibt erstmal im Schatten, während sich Leon auf einer Bank in der Sonne ausstreckt, erst liest und dann ein wenig wegdöst. Bei einem Milchshake sitzen wir noch in einem der Cafés und schreiben am Blog weiter.


Halb fünf wird es wie im Fluge. Wir haben eigentlich den größeren Teil unserer Tagesetappe noch vor uns, doch dieser schöne Ort hat uns irgendwie in seinen Bann gezogen. Nun heißt es: In die Pedale treten! Wir fahren jetzt immer näher an die Grenze und in Gmünd, welches aufgeteilt auf zwei Länder ist, fahren wir durch einen verlassenen Grenzposten nach Tschechien!

Ziemlich plötzlich taucht das Grenzschild auf. Wir sind in Tschechien! Unser letztes Ausland!

Nachdem wir uns gerade einigermaßen an die deutsche Sprache gewöhnt hatten, verstehen wir jetzt wieder kein einziges Wort. Die Radwege, von denen wir nicht wussten was wir zu erwarten haben, sind ähnlich gut wie in Österreich, sodass es sich angenehm in den Abend fährt. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der vielen Höhenmeter, die wir heute gefahren sind, suchen wir uns bald einen Platz, an dem wir das Zelt aufschlagen. In einer Wiese mit hohem Gras finden wir den perfekten Platz. Etwa 30 Meter entfernt stehen zwar mehrere Bienenstöcke, doch die vielen Mücken bereiten uns mehr Unbehagen.

Die Nudeln gekocht und gut gesättigt (zu mehr haben wir keine Lust und obendrein keinen Vorrat mehr), begibt sich Vincent auf einen nahe gelegenen Hochsitz, um die letzten Sonnenstrahlen einzufangen, während sich Leon in das mückenfreie Zelt verkriecht, um nicht aufgefressen zu werden.

Fix gekocht sind Nudeln mit Pesto immer noch unschlagbar!

Vincent chillt im seiner neuen Bude…
…und genießt den Sonnenuntergang.

Spontanität ist alles #Tag 48 und 49

Wie versprochen kommt hier der Bericht über unseren superschönen Aufenthalt in Wien – und das in jeder Hinsicht!

Donnerstag: Probiers Mal mit Gemütlichkeit! In einem Wohnwagen zu schlafen ist eine nette Abwechslung und da wir die ersten Gäste von Heini und Anna sind, die darin übernachten dürfen, ist es uns eine besondere Ehre. Die Aussicht, noch zwei weiter Nächte hier zu schlafen lässt uns gleich wie zu Hause fühlen, denn es ist die bisher längste Zeit, die wir an einem Ort verbringen (in Skopje mussten wir ja leider zwischendurch unziehen).

Während wir frühstücken – es gibt einen aus England importierten Kaffee – erfahren wir einiges über die Stadt. Heini ist ein eifriger Erzähler und interessierter Zuhörer, sodass wir ein wenig länger am Tisch verweilen, bevor wir uns alle unserem Tagesprogramm widmen. Alle Fahrradtaschen sind abgepackt und wir haben nur leichtes Gepäck dabei, weshalb wir die unglaubliche Beschleunigung genießen, die unsere Räder plötzlich hergeben.

Wir fahren in Richtung Innenstadtring – nachdem wir die guten 10 Kilometer gefahren sind, stellen wir die Räder in der Haupteinkaufsstraße ab. Zu Fuß ist eine Stadt dann doch genauer anzuschauen als mit dem Rad. Wir steuern diverse Sehenswürdigkeiten an, doch die meiste Zeit staunen wir über nicht nur vereinzelt schöne Hausfassaden, sondern über die ganze Stadt!

Die freundlichen Warnungen an Hundebesitzer…
Selbst die Nordsee hat ein schönes Haus ergattert… da hier aber jedes Haus schön ist, ist das nicht weiter schlimm 😀 – unser nächstes großes Ziel ist ebenfalls ausgeschildert.. wer kann es entdecken? 
Die öffentlichen Toiletten sind sehr schön eingerichtet.. später hören wir einen der Kutscher zu seinen Fahrgästen sagen, dass dies die schönste Toilette in Wien sei, worauf wir uns ein Lachen nicht verkneifen können.

Da wir gestern so gut wie alles eingekauft haben, was wir für den Tag brauchen, (es ist Himmelfahrt und somit Feiertag) geben wir heute nur wenig Geld aus. Wir lassen uns in einem der unendlich vielen Parks nieder, die diese Stadt zu bieten hat und werden das eine oder andere Mal neugierig angeschaut, denn auch ohne Räder gönnen wir uns unsere normale Brotzeit mit diversen Aufstrichen und breiten uns auf einer großen Parkbank aus.

Mit frischer Energie – nur umherlaufen und schauen ist fast anstrengender als Rad fahren – steigen wir auf den Stefansdom hinauf, nachdem wir zuerst sowohl eine kleinere Kirche, als auch den Rathausturm fälschlicherweise angesteuert haben. So sehenswert ist Wien!

Das Rathaus von Wien.. nicht zu verwechseln mit einer Kirche.

Die Menschenmassen sind auf den Straßen unterwegs. Das Feiertagswochenende hat scheinbar noch mehr Menschen in die Stadt gelockt.
Die unglaubliche Sicht vom Turm des Stefansdoms.. als Leon die Tickets für den Eintritt kaufen möchte, verfällt er zunächst automatisch ins Englische, bis ihm auffällt, dass das nicht nötig ist..

Zur Feier des Tages gönnen wir uns in einem Café ein Stück Torte, was uns arm macht… zum Glück ist der Rest des Tages sehr günstig.

Durch den Rosengarten laufen wir schon halb wieder zurück zu den Fahrrädern, als wir nocheinmal an der Oper vorbei laufen, wo wir uns kurzentschlossen in die Schlange von Leuten stellen, die sich Stehplätze für die heutige Vorstellung erhoffen. Es wird das Ballett ‚Schwanensee‘ aufgeführt und da wir sowohl vom Opernhaus wie auch von dem Stück schon viel gehört haben, erscheint uns diese Gelegenheit einmalig! Für drei Euro kommen wir unter den strengen Blicken der Aufsicht hinein. In unseren Radlerklamotten (Jeans und Funktionshose) fühlen wir uns doch etwas underdressed, doch da wir nicht durch den Haupteingang laufen, fallen wir nicht weiter auf.

Für uns beide ist es die erste professionelle Ballettaufführung, die wir in unserem Leben sehen, weshalb wir sehr gespannt sind. In den folgenden Stunden erleben wir eine tänzerische Höchstleistung begleitet von schöner und uns teilweise bekannter Musik. Vincent, der zwar beeindruckt von den Tänzern und der Location ist, aber mit der Handlung nicht viel anfangen kann, verlässt die Oper nach dem zweiten Akt, während Leon noch bleibt.

Die Semperoper bei Nacht..

Deutlich später als beabsichtigt machen wir uns auf den Heimweg und kommen nur wenige Minuten vor unseren beiden Gastgebern an, die Freunde besucht hatten. Keiner von uns hat Lust, jetzt noch ein Abendessen zu kochen, sodass wir uns mit einer Scheibe Brot begnügen und bald ins Bett gehen.

Freitag: Wir erwachen in den gemütlichen warmen Betten des Wohnwagens und würden am Liebsten noch eine ganze Weile einfach liegen bleiben. Doch wir haben wie immer viel vor, Wien ruft. So stehen wir gegen 8 Uhr auf und frühstücken entspannt gemeinsam mit Heini und Anna. Wir wurden von den beiden so herzlich aufgenommen und so selbstverständlich in ihr Leben integriert, dass wir uns schon jetzt ganz wie zu Hause fühlen. Ein tolles Gefühl und wir genießen es beide sehr, hier ein wenig zu ruhen.

Nach dem Frühstück begleiten wir Anna in die Stadt zum WUK (Werkstatt- und Kulturhaus), wo sie ein Planungstreffen hat. Das WUK ist ein altes Fabrikgelände inmitten der Stadt, welches innovativ umgenutzt wurde für diverse Zwecke. So ist dort unter anderem eine Gemeinschafts- Tischlerei sowie eine Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt. Für den Weg durch die Stadt brauchen wir eine knappe Stunde, doch Anna lässt es sich nicht nehmen noch einen kleinen Berg mit uns hoch zu fahren, von wo wir eine super Aussicht über Wien haben.

Eine tolle Aussicht haben wir unweit von Heinis und Annas Haus über die Stadt.

Auf dem Weg durch die Stadt fällt uns auf, dass wir nicht so ein hektisches Großstadtgefühl haben wie in anderen vergleichbaren Metropolen. Dies liegt vermutlich nicht zuletzt an der sehr menschengerechten Stadtstruktur Wiens. Nicht umsonst ist Wien im neunten Jahr in Folge bei einer Umfrage von 230 Städten weltweit die Stadt mit der höchsten Lebensqualität.

Der Innenhof vom WUK, sehr ansprechend gestaltet.

Angekommen beim WUK staunen wir nicht schlecht. Der sehr schöne Innenhof mit den darum stehenden alten Backsteingebäuden hat eine sehr anziehende Wirkung auf uns. Zuerst führt uns Anna in die Gemeinschafts-Tischlerei, in der sie selbst hin und wieder arbeitet, denn sie ist ausgebildete Tischlerin. Jedoch nur in ihrer Freizeit, denn hauptberuflich arbeitet sie im selben Fahrradgeschäft wie Heini. Die Tischlerei begeistert uns und uns leuchtet der Sinn ein, diese gemeinschaftlich zu nutzen. Denn die vielen großen Maschinen sind sehr teuer und so kann man sie sich sinnvoll teilen. Außerdem kann man voneinander viel lernen, so gibt es hier auch wöchentliche Fortbildungskurse.

Danach gehen wir in die Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt und uns haut der erste Anblick der Werkstatt vom Hocker! Überall hängen, stehen und liegen Fahrräder und Einzelteile in schier unendlicher Menge. Wir fühlen uns wie im Fahrradhimmel und schauen uns staunend einige Zeit lang alles genauestens an. Vincent würde am Liebsten gleich anfangen sich ein Fixie zusammenzubauen, doch dafür ist leider nicht genug Zeit. So verschiebt er diesen Drang aufs nächste Mal, denn das wird bestimmt kommen.

Angekommen im Fahrradparadies!

Da sich Vincent gerne die Uni (TU Wien) wegen seines Studiums anschauen will und Leon lieber andere Ecken von Wien erkundet, gehen wir getrennte Wege. Das erste Mal seit sieben Wochen, dass wir länger als eine Stunde getrennt unterwegs sind, schon ein ungewohntes Gefühl. Doch uns tut es beiden auch gut sich mal eigenständig zu bewegen und wir genießen unabhängig voneinander den zweiten Tag in dieser fabelhaften Stadt.

Eine ehrwürdige Fassade für eine Universität, die TU Wien ist sehr zentral gelegen direkt am Ring.
Im fahrradfreundlichen Wien hat man an einigen Orten diese tollen Tafeln aufgestellt, die alle vorbeifahrenden Fahrradfahrer zählen. Seit Beginn des Jahres an dieser Stellen schon knapp 380.000!

Da wir beide den letzten Abend in Wien noch mit Heini und Anna verbringen wollen, kehren wir schon gegen 5 Uhr zurück und haben uns erstmal einiges zu erzählen von den vielen Erlebnissen. Heute Abend sind noch zwei Freunde von Heini und Anna zu Gast, daher wollen wir etwas zum Abendessen beitragen. Vincent startet gleich durch und backt eine südafrikanische Spezialität, Bananenbrot. Währenddessen bereitet Leon Apfelmus vor, welches nachher mit den Kartoffelpuffern im Einklang gebracht werden soll. Es macht Spaß mal wieder in einer Küche zu kochen, eine nette Abwechslung zu den doch etwas beschränkten Mitteln beim kochen im Grünen.

Eine gemütliche Runde beim Abendessen im Garten.

Kurz nachdem wir angefangen haben in der Küche zu werkeln gesellt sich Heini noch zu uns und ergänzt den Menüplan noch um ein grandioses Curry. So gibt es eine reichhaltige Auswahl zum Abendessen und niemand muss hungrig bleiben. Und zu guter Letzt ist Vincent das Bananenbrot dank verbessertem Rezept heute deutlich besser gelungen als jemals zuvor, was die ganze Runde genüsslich verschlingt. Als fertig gespeist haben fällt uns etwas besorgt auf, dass wir die letzten vier Tage kein Blogeintrag geschrieben haben und uns wird klar, dass es noch ein langer Abend wird. So macht Leon es sich im Wohnwagen gemütlich und schreibt fleißig, während Vincent noch draußen und dann später in Haus umsiedelt und seine Gedanken auf den Bildschirm bringt. Irgendwann ist es aber auch genug und wir fallen beide beinahe noch müder als an einem gewöhnlichen Radeltag ins Bett.
Kleiner Nachtrag vom letzten Blogbeitrag, das Foto mit dem Weltenbummler Leon aus Hannover:

Zwischen Bratialava und Wien trafen wir auf Leon, der leider in die andere Richtung unterwegs ist. Er fährt gen Osten, sein Ziel ist China.

Superlative… #Tag 46 und 47

Wamm! Was für einen Wandel wir durchgemacht haben… Auf einen Schlag sind wir in den deutschsprachigen Raum eingedrungen und es fühlt sich noch nicht ganz echt an. Die eine oder andere Spur haben die fremden Sprachen hinterlassen, was jetzt umso deutlicher wird.

Dienstag: Heute ist ein Tag Pause geplant. Da wir jedoch nicht in einem richtigen Bett liegen und auch Bratislava nicht in Sicht ist, fühlt sich dieser Tag zunächst wie jede andere Etappe an. Vincent ist scheinbar so ausgeruht, dass er kaum Schlaf nötig hat. Um fünf Uhr ist er auf den Beinen und füllt den Tag mit Leben, während sich Leon im Halbschlaf fragt, ob seine Uhr richtig geht.

Den schönen Sonnenaufgang fängt Vincent ein…

Gegen sieben sind wir dann beide aufgestanden und packen alles zusammen. Etwas flotter, um die Zeit in Bratislava gut nutzen zu können. So geht es die verbleibenden 25 Kilometer bis zur Stadt hin.

Inmitten eines Mohnfeldes steht unser Zelt. Über Nacht hat die Spannung etwas nachgelassen, denn der Steinharte Boden hat verhindert, dass wir die Seile spannen konnten.

Locker fährt es sich dahin, mit dem Wissen einer kurzen Strecke im Hinterkopf, sodass der Gegenwind heute nicht die übliche bremsende Wirkung hat. Etwas mehr als eine Stunde später erreichen wir den Stadtrand, wo wir uns nach einem Hostel erkundigen. Schnell ist dieses auch gefunden, sodass wir unsere Sachen abladen und unter die Dusche steigen können. Frisch gemacht erkundet sich eine Stadt wesentlich besser, als in den verschwitzten Radlerklamotten. Als wir uns auf den Weg begeben, ist die Mittagszeit herangekommen und wir machen direkt bei einer Imbissbude halt. An die steigenden Preise müssen wir uns langsam wieder gewöhnen. Was im Balkan teilweise weniger als die hälfte des gewohnten Preises gekostet hat, ist hier geradezu unverschämt hoch, allerdings befinden wir uns auch in einer Stadt…

Nein, kein Handy… kaum haben wir uns hingesetzt, nutzt Leon die Wartezeit bis zum Essen und vertieft sich in sein Buch.

Der erste Eindruck der vergleichsweise kleinen Hauptstadt ist kein besonders guter. Nach Budapest ist das aber auch kein Wunder. Wir sind ohne Wissen über die Stadt und auch ohne große Erwartungen hergekommen und laufen Dank eines Stadtplans nicht ganz orientierungslos umher. 
Die ersten schöneren Ausblicke. Die schönen Seiten der Stadt bekommen wir auch zu Gesicht.

Für einen Überblick über die Stadt, laufen wir den Hügel hinauf zu dem Stadtschloss, welches in den 50er Jahren wieder neu aufgebaut wurde, nachdem es im Krieg großenteils zerstört wurde. Von hier blicken wir auf die Donau und die Stadt, welche sich auf beiden Seiten des Flusses erstreckt. Eine klare Linie ist dabei zu erkennen, denn auf der anderen (neueren?) Seite der Donau stehen ausschließlich große Plattenbauhochhäuser.
Der Schlossgarten strahlt in der Sonne so hell, dass man es dort nicht lange aushält..

Den Hügel hinab finden wir die allererste Bäckerei, die wir seit unserer Ankunft in der Stadt vergeblich gesucht haben. Der Laden ist klein und gemütlich, mit hausgemachten Leckereien abseits der Backwaren. Auf der Bank davor lassen wir uns nieder und gönnen uns eine Pause vom laufen (es ist ziemlich warm geworden).

Vor dem Parlamentsgebäude machen wir unseren nächsten Stop, erfrischen uns an dem dortigen Brunnen und mal wieder fällt ein Prunkbau aus der Reihe der eher schlichten anderen Häuser drumherum.

In unserem Gepäck befinden sich noch immer die griechischen Papierfahnen, die wir in der Botschaft in Budapest bekommen haben. Um sie an den Rädern befestigen zu können, müssen sie zuerst noch wetterfest gemacht werden, weshalb wir un einen Copyshop spazieren, wo die Fahnen laminiert werden.

Zuletzt kaufen wir noch für ein Abendessen ein und laufen zum Hostel zurück, wo wir endlich unser Zimmer beziehen – ein Sechs-Bett-Dorm, in dem noch ein anderer Reisender untergekommen ist. Die Fahnen befestigen wir an den Rädern, (jeder von uns hat seine eigene Methode) bevor wir uns der Küche zuwenden. Heute gibt es eine neue Auflage von Couscous, mit einer leckeren Gemüse-Erdnusspfanne.

Vincent stellt sich an den Herd, während Leon das Gemüse schnippelt.

Zwei Engländer gesellen sich zu uns, die ebenfalls die Küche nutzen. Wir kommen ins Gespräch über unsere Reisen und Essen zusammen. Die beiden verzieht es später dann in die Bar, während wir noch Abspülen und dann in Richtung der Betten verschwinden. Unser Zimmer liegt direkt unter dem Dach, sodass es sich durch die Sonne stark aufgeheizt hat. Im Bett zu liegen ist einigermaßen unerträglich, doch es kühlt langsam ab. Die Zeit wird sinnvoll zum Lesen genutzt und irgendwann schlafen wir ein…

Mittwoch: Unsere erste Nacht in einem Hostel seit Belgrad war sehr angenehm. Dank eines kleinen Gewitters am Abend kühlte sich das Zimmer im obersten Stockwerk von einer fast unerträglich warmen Temperatur glücklicherweise herunter. So können wir seit langem auch mal ein kleines bisschen länger als bis halb sieben morgens schlafen, was gut tut. Wir haben alles wieder schnell zusammen gepackt und beschließen unser Frühstück, für das wir am Vortag bereits alles besorgt haben, noch im Hinterhof des Hostels einzunehmen.

Unser klassisches Müslifrühstück zur Abwechslung mal mit richtigem Geschirr essen 😀

Als wir uns gerade zum gehen wenden, kommt uns noch einer der beiden Briten entgegen, die wir gestern Abend kennen gelernt haben. Wir verabschieden uns noch und wünschen gute Weiterreise, er uns ebenfalls, hält unsere Reise aber weiterhin anscheinend für etwas verrückt.

Kaum haben wir die Stadt verlassen und haben die Donau überquert, kommt auch schon die Grenze zu Österreich. Beziehungsweise können wir außer ein paar alten verlassenen Grenzhäusern wenig Anzeichen erkennen und suchen sogar vergebens nach einem Willkommensschild für Östterreich. Auf unserer Suche danach stoßen wir auf zwei andere Radfahrer, die heute ebenfalls auf dem Weg von Bratislava nach Wien sind. Sie stellen sich uns als Thomas und Antje vor und wir unterhalten uns eine Weile nett mit ihnen. Thomas und Antje kommen aus München und sind gerade auf einwöchiger Radtour in Österreich und der Slowakei. Es ist ungewohnt sich mit anderen Radreisenden auf deutsch zu unterhalten, es sind auch erst die anderen Radreisenden aus Deutschland, die wir bis dahin auf unserer Tour getroffen haben. Andererseits tut es aber auch gut und erleichtert so manche Beschreibung doch ungemein.

Daumen hoch zusammen mit Thomas und Antje direkt zwischen der Slowakei und Österreich.
Mangels eines richtigen Willkommensschildes feiern wir unser 12. Land vor einem unglaublich attraktivem Straßenschild, immerhin steht Österreich drauf.

Nach diesem triumphalen Grenzübergang fahren wir unbeschwert weiter Richtung Wien, wo wir heute Abend ankommen wollen. So wie es der Zufall will, haben wir heute morgen noch eine kurzfristige Zusage über warmshowers für drei Nächte bekommen, was uns sehr freut. Noch dazu hat uns unser host verraten, dass unser Reich ein alter Wohnwagen im Garten sein wird. Das hört sich nach einem super coolen Übernachtungsort in Wien an und so sind wir bester Laune und dankbar wieder einmal so ein Glück zu haben.

In den ersten Orten, die wir durchfahren, bemerken wir die vielen deutschen Schriftzüge. Noch ganz ungewohnt für uns nach sieben Wochen im nicht deutschsprachigem Ausland, ein weiterer großer Tritt näher Richtung Heimat. Zum einen eine tolle Umstellung, da wir nun wieder (so ziemlich) alles verstehen können. Zum anderen müssen wir uns aber auch wieder drauf einstellen von viel mehr Leuten um uns herum verstanden zu werden, wodurch man sich in manchen Situationen mit seinen Bemerkungen nun wieder etwas mehr zurückhalten muss.

Einige Kilometer hinter der Grenze stoßen wir wieder auf die Donau.

Wir wechseln das Donauufer nach wenigen Kilometern auf der südlichen Uferseite. Nun fahren wir einen ewig langen Deich entlang, der aber nicht wie in der Slowakei eintönig und langweilig zu fahren ist. Ganz im Gegenteil, dieser Streckenabschnitt gehört mit zu dem Nationalpark Donauauen und hat diesen Namen auch wirklich verdient. Eine fast unberührte Naturlandschaft säumt die Umgebung des Radweges und wir gleiten nur so dahin auf dem Damm.

Leon begeistert im Nationalpark Donauauen.

Uns begegnen immer wieder andere Leute, die mit dem Rad unterwegs sind. Die meisten von ihnen sind aber nur wenige Tage an der Donau entlang mit dem Rad unterwegs, weswegen wir uns ein Minimum von vier Radtaschen setzen, wo wir versuchen anzuhalten und ein kleines Pläuschen zu halten. Und tatsächlich, nachdem wir erst einen recht ungesprächigen älteren Herrn angehalten haben, der von St. Moritz nach Budapest fährt, treffen wir auf einen deutlich jüngeren Radreisenden der uns entgegen kommt. Wir unterhalten uns lange und erzählen einander begeistert diverse Geschichten. Wir erfahren, das der 23-jährige Leon aus Hannover vor einem Monat mit dem Rad von sich zu Hause alleine gestartet ist und nun auf dem Weg gen Osten ist. Sein Ziel? Sein Traum wäre es bis nach China zu kommen, ob er das schafft, weiß er noch nicht. Mal wieder stellen wir auf unserer Reise fest, dass wir mit unserem festen Zeitrahmen schon sehr ungewöhnliche Radreisende sind, da doch die allermeisten von zu Hause aus losfahren und sich eine Auszeit nehmen. Dabei ist meistens nicht alles bis zum Ende hin genau geplant, wie es bei uns jedoch teils gezwungenermaßen teils aber auch durch Lust und Laune ist. Als wir uns unsere Räder genauer mustern, stellen wir fest, dass wir fast die gleichen Räder von der fahrradmanufaktur haben, sogar beide mit Rohloff-Nabenschaltung! Definitiv die erste Rohloff-Nabe, die wir seit Athen zu Gesicht bekommen (außer unseren eigenen natürlich fast jeden Tag).

2x Leon und Vincent, dafür gibts ein eindeutiges Daumen hoch!

Wir verstehen uns schon nach wenigen Minuten so gut mit Leon, dass wir ihn am Liebsten ein paar Etappen begleiten würden. Doch sein Weg führt leider in die komplett andere Richtung, er fährt dahin von wo wir herkommen und umgekehrt ebenso. Also verabschieden wir uns und sind uns jetzt schon sicher, dass wir uns irgendwann mal wiedertreffen werden. Denn wie es der 73-jährige Amerikaner aus Slowenien so passend beschrieben hat: „It’s a very small peak we’re living on!“.
Kurz darauf fängt es heftig an zu regnen, Fahrradwäsche umsonst. Doch zum Glück ist es nur ein kurzer Schauer und so können wir schon bald wieder die Regenjacken ausziehen.

Mittagspause in einem urtypisch österreichischen Ausflugslokal, die Küche bietet so gut wie kein Gericht ohne Fleisch.

Nach einer kleinen Rast in einem überteuerten Radlertreff direkt an der Strecke, wo wir immer noch ein wenig verwirrt deutsches Radio hören, machen wir uns auf die letzten 30 km nach Wien auf. Der Weg führt uns weiter auf einem Damm entlang, bevor wir dann durch ein gigantisches Öllager fahren. Spätestens jetzt wissen wir, Wien ist nicht mehr weit. Es geht weiter an einem Kanal, der sicher auch als Regattastrecke verwendet wird. Diesen fahren wir bis fast bis in Zentrum von Wien, unser Track endet schließlich auf der Reichsbrücke.

Eine Brücke vor der Reichsbrücke, fahren wir über die Donau auf die Donauinsel.

Hier machen wir einen kurzen Halt um uns zu orientieren, wo unser warmshowers-hosts Heini & Anna wohnen. Er hatte uns schon zuvor gewarnt, dass er ein Stückchen außerhalb wohnt, doch da wir hier drei Nächte verbringen wollen, freuen wir uns umso mehr darauf außerhalb des geschäftigen Zentrums etwas entspannen zu können. Um zu Heini & Anna zu kommen, müssen wir aber vorerst das gesamte Zentrums südlich der Donau durchqueren, da wir aber noch früh dran sind ist es super so schon einen ersten Eindruck von der Stadt zu bekommen. Vincent war vor vielen Jahren schon mal in Wien, kann sich daran aber kaum mehr erinnern und für Leon ist es das erste Mal diese Stadt zu Gesicht zu bekommen.

Der Ringradweg (sehr empfehlenswert, top ausgebaut!) führt direkt an der Staatsoper von Wien vorbei.

Obwohl wir versuchen uns nicht schon zu sehr dem Sightseeing hinzugeben, da wir dafür noch zwei volle Tage haben, klappt es auf dem Weg durch die Innenstadt nur schwer. Wir sind völlig überwältig von diesen unglaublich vielen Prunkbauten, die sich nicht nur, wie aus anderen Städten bekannt im Zentrum befinden, sondern auch bis weit außerhalb. Die ganze Stadt scheint eine wahrhaftige Superlative von dem, was wir bis jetzt kennen. Als wir bei einem Fotogeschäft vorbei fahren, packt Vincent wieder der Eifer und er probiert sein Glück um für eine Actioncam zu verhandeln. Leider verkauft das Geschäft keine Actioncams, jedoch verrät der nette Verkäufer Vincent des einzige Einzelfachgeschäft, welches Actioncams verkauft. Der Zufall will es so, dass unser Weg zu Heini uns direkt bei dem besagten Fotoladen vorbei führt.

Hier gibt es alles was das Fotografenherz begehrt, neue sowie gut gepflegte gebrauchte Kameras.

Und siehe da, bei Foto Sobotka in der Mariahilfer Straße werden wir tatsächlich fündig. Und noch mehr als das, denn Vincent schafft es den Ladeninhaber von unserem Projekt zu begeistern und so bekommen wir eine gebrauchte Actioncam zu einem guten Preis. Doch diesmal kauft Leon sich die Kamera, so dass er der Kameramann Nummer 1 für die letzten zwei Wochen unserer Reise sein wird. Ja ihr habt ganz richtig gelesen, schon in zwei Wochen sind wir in Kassel, so ganz können wir es auch noch nicht begreifen. Jedenfalls ist Wien ein riesiger Schritt unserer Reiese. Wir haben uns schon so lange auf der Reise vorgestellt hier zu sein und nun haben wir es tatsächlich hierher geschafft, ein glückerfülltes Gefühl. Beschwingt von dem erfolgreichen Kamerakauf, der tollen Stadt und er Aussicht hier ein wenig länger bleiben zu können als in den meisten Städten zuvor machen wir uns auf die letzten Kilometer.

Das schöne Haus von Heini und Anna, welches sich gerade in Renovierung befindet. Außen hat es schon eine neue Haut bekommen, nun ist Renovierung drinnen angesagt.

Heini empfängt uns freudig im Garten seines Hauses in österreichischem hochdeutsch (welches sich für uns wie tiefstes österreichisch aus den Bergen anhört)  mit den Worten „noch eine Runde hintenrum zum Wohnwagen“. Da wissen wir, dass wir hier richtig sind und der Wohnwagen erwartet uns schon fast sehnsüchtig. Heini erzählt uns, er würde dort schon für 33 Jahren stehen, jedoch hätte er in den letzten Jahren immer leer gestanden. Was für eine Ehre für uns dieses gut gepflegte Prachtstück wieder zu beleben. Nach einer warmen Dusche lernen wir noch Andreas kennen, der aus Frankfurt kommt und hier ebenfalls gerade Gast bei Heini und seiner Freundin Anna ist. Wir haben einen sehr unterhaltsamen netten Abend miteinander, Heini backt beste Gourmet-Pizza und wir bemühen uns um einen Nachtisch, Milchreis mit selbstgemachten Apfelmus. Anna ist diesen Abend unterwegs, deshalb ist sie leider noch nicht Teil der Runde, wir lernen sie kurz vorm ins Bett gehen dann noch kennen. Müde und absolut überglücklich durch so viel Glück so super coole warmshowers Gastgeber gefunden zu haben, fallen wir in die gemütlichen Betten des Wohnwagens und schlafen wenig später tief und fest.

Unser Reich für die nächsten zwei Tage, ein alter super gemütlicher Wohnwagen.

Aufgrund der hohen Ereignisdichte der letzten Tage haben wir es noch nicht geschafft die beiden Pausentage in Wien miteinzubinden, die folgen dann morgen. Keep connected 😉

Von Ruinen und kaputten Ketten #Tag 44 und 45

Man kann planen so viel man will, am Ende kommt es doch ganz anders… da wir unverschämte Glückspilze sind, können uns ungeplante Hindernisse jedoch nichts anhaben. Doch hier erstmal alles von Anfang an…


Sonntag
: Der Regen vom Abend hat nicht angehalten, doch seine Spuren hat er trotzdem auf dem Zelt hinterlassen: Es ist nass (zur Abwechslung). Gestern haben wir schon Obst und Joghurt für einen morgendlichen Fruchtcocktail gekauft (zwar hat der Laden auch heute auf, doch an einem Sonntag in einem neuen Land kann man nie wissen..). Während wir frühstücken, lassen wir das Zelt trocknen. Vincent scheint heute mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein, denn er ist ein Meister im Dinge umschmeißen. Zuerst reißt die fast volle Müslitüte von oben bis unten auf, woraufhin sich Trockenobst und Haferflocken auf die Wiese und in die weit geöffnete Fahrradtasche ergießen. Zu allem Überfluss lehnt er sich dann gegen sein unsicher stehendes Fahrrad, sodass das Vorderrad umschwenkt und einen großen Teil des frisch aufgebrühten Tees verschüttet. Zum Glück geht der Morgen dann auch vorbei und ehe wir’s uns versehen sitzen wir auf den Rädern und strampeln gegen den Wind an.

Die Schlafsäcke zum Auslüften über die Räder ausgebreitet packen wor das Frühstück aus.

Nach kurzer Zeit fahren wir erneut auf den Deich hinauf, welcher erst asphaltiert ist, doch bald in Schotter über geht. Mühsam und gegen den anhaltenden Gegenwind radelnd ist dieses Stück sehr kräftezehrend. Immer wieder wird der Kies tiefer, was ein gemütliches Fahren bei einer konstanten Geschwindigkeit unmöglich macht.

Noch ist alles perfekt! Keine Autos oder Mofas erlaubt auf dem Deich, der bestens asphaltiert ist.

Ein Aussichtsturm gefördert durch die EU.. schlappe 800.000 Euro hat das gute Stück gekostet. Für eine nicht außergewöhnliche Aussicht etwas zu viel, wie wir finden. Da haben wir an anderer Stelle schon deutlich sinnvollere Investitionen gesehen.

Pure Begeisterung auf Leons Gesicht…

Obwohl wir langsamer voran kommen als sonst, erreichen wir gegen Mittag den Ort Komárno. Auf der Suche nach einer sonnigen Bank für eine Pause, kommen wir an eine kunstvoll verzierte Kirche, aus der unter großem hallo eine Menge Kommunionskinder und deren Familien strömen. Unter einigem Trubel setzen wir uns direkt daneben hin und beobachten, wie viele Fotos gemacht werden und sich die Menge nach und nach zerstreut. 

Nach einem Blick in die Kirche verlagern wir unseren Standort. Von jetzt auf gleich sind die Straßen wie ausgestorben und wir gönnen uns jeder ein großes Eis und das Wifi der Eisdiele, sodass alle Bilder im Blog hochladen und in die weite Welt gesendet werden (es ist sehr erstaunlich, in wie vielen Ländern unser Blog schon angeklickt wurde! To translate on your mobile, scroll down the whole page and select your language – you will get the best result in english 😉 )

Für unsere Verhältnisse sehr spät, begeben wir uns erneut aufs Rad, um noch ein paar Kilometer zu fahren und einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Das Zelt in dieser Gegend aufzuschlagen wird nicht einfach werden, denn mal wieder ist jeder Qudratzentimeter bewirtschaftet und nirgends lässt sich ein brach liegendes Feld entdecken. Nachdem wir gegen sieben Uhr noch immer keinen Spot haben ausfindig machen können, sind wir kurz davor an einer Haustür zu klingeln. Kurz halten wir an der Straße gegenüber einer Einfahrt an, um uns zu beraten. Ein Auto, deren Fahrerin offenbar keinen Rückspiegel kennt, fährt rückwärts aus der Einfahrt und setzt so weit zurück, dass Vincent beinahe umgestoßen wird. Das war knapp! Scheinbar ohne etwas bemerkt zu haben, braust das Auto davon. Uns fehlen beiden für einen Augenblick erstmal die Worte…

Ein paar Meter weiter (an dem Haus haben wir nicht mehr geklingelt), fällt uns ein leer stehendes Haus auf, was anscheinend nie fertig gestellt worden ist. Wir sagen herzlichst danke und ziehen für diese Nacht dort ein! Während die Spaghetti vor sich hin kochen, schauen wir in einen sehr schönen Sonnenuntergang hinein.

Der perfekte Schlafplatz! Bauruinen sind wirklich praktisch und abenteuerlich… an sich wünscht man sich dann aber doch weniger davon…
Der traumhafte Blick aus unserem Fenster.

Uns beiden ist noch nicht nach schlafen zumute, weshalb wir nach langer Zeit beide unser Buch aufschlagen. Was für ein Genuss! Irgendwann fallen dann aber doch die Augen zu…

Montag: Vincent macht die Augen auf und kann sich für kurze Zeit nicht mehr an alles erinnern. Wo bin ich? Was mache ich in dieser leer stehenden Bauruine? Doch schnell fällt es ihm wieder ein, wie sie gestern Abend in dieses sehr großzügige, nie fertig gebaute Haus vorübergehend eingezogen sind. Als Vincent von der Naturtoilette zurück kehrt, räkelt sich Leon gerade gähnend und würde am liebsten noch eine Weile liegen bleiben. Doch der täglich gewohnte Rythmus lässt ihn schon bald aus seinem warmen Schlafsack kriechen. Da wir das Zelt nicht abbauen müssen, haben wir alles schnell wieder abfahrbereit verstaut und verlassen unsere zweite Bauruine der Tour fast schon ein wenig wehmütig.

Leon manövriert sein Fahrrad aus dem kleinen Nebenzimmer, unserem Schlafzimmer diese Nacht.
Actionreiche Abfahrt vor der verlassenen Villa.

Bereits gestern Abend haben wir auf unseren Navis leider feststellen müssen, dass der nächst größere Ort wo wir einen Supermarkt vermuten gut 20 km entfernt liegt. So stellen wir uns auf eine Stunde Fahrt ein, die wir mit Energieriegeln zu überstehen hoffen. Doch es kommt glücklicherweise ganz anders als gedacht, denn in dem Ort wo unsere Ruine steht gibt es tatsächlich einen kleinen Supermarkt, eher eingerichtet wie ein Tante Emma Laden. Aber immerhin! Mangels Auswahl gibt es heute Brotzeit zum Frühstück, eine willkommene Abwechslung. 

Neben dem Supermarkt steht sogar eine Bank mit Tisch, was für ein Luxus!

Nach dieser ersten Stärkung starten wir gut gelaunt in den Tag, es hat schließlich mal wieder bestes Wetter. Der Track führt uns schnell wieder auf den Deich, von wo wir aber noch nicht die Donau erblicken können. Nach der kräftezehrenden Tortour auf dem Kiesweg gestern probiert Leon heute mal den Weg unterhalb des Deiches aus, während Vincent zum Vergleich oben bleibt. Doch heute scheinen beide Wege deutlich weniger schlimm, vielleicht haben wir auch einfach mehr Energie am Morgen.

Teilweise ist der Mittelstreifen des Fahrradweges dicht bewachsen mit kniehohem Gras.

Wie schon die letzte beiden Tage fahren wir weiterhin entlang der Donau auf dem Europaradweg 6, der vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer führt. Die Franzosen, welche wir vor zwei Tagen getroffen haben, fahren fast den kompletten über 3000 km langen Radweg entlang. Doch das Wort Europaradweg lässt die hohen Erwartungen an einen Premium Fahrradweg doch zu Weilen etwas enttäuscht, hier besteht auf Teilstrecken noch einiges an Nachholbedarf.

Die Ausschilderung des Europaradweges 6 hat streckenweise noch Nachholbedarf.

Die Schotterpiste wird wenig später erst durch Betonplatten und dann durch asphaltierte Straße abgelöst. Wo wir uns zum einen sehr über die Verbesserung des Untergrundes freuen, ist es zum anderen auch ein Nachteil. Denn die Straße auf dem Deich ist deshalb asphaltiert, da die Donau die nächsten 30 km in einem Kanal fließt. Was zu Beginn noch ein wenig interessant klingt, wird spätenstens nach 5 km schnur geradeaus etwas öde. Vincent kommentiert, „Ich freue mich jetzt schon so sehr auf die kleinen Berge hinter Wien“.

Ein gigantischer Kanal von Menschenhand geschaffen, doch einen natürlichen Flusslauf ziehen wir doch deutlich vor zum entlang fahren!

Nach gut anderthalb Stunden Fahrzeit kommen wir an einer gigantischen Schleuse vorbei, die Schiffe 34 Meter je nach Wunsch bergauf oder bergab befördert. Wir lassen uns dieses Spektakel nicht entgehen und schauen faszinierd zu wie zwei Frachtschiffe und ein Kreutfahrtschiff zugleich nach oben gepumpt werden. Wirklich verrückt, was sich der Mensch so alles einfallen lässt.

Noch ist die Schleuse offen und der Wasserpegel ganz unten.
Eine gute Viertelstunde und unendlich viele Liter Wasser später sind die drei Schiffe 34 m höher.

Weiter geht die Strecke auf dem Deich eine noch langweiligere nicht enden wollende geteerte Straße geradeaus, zum Glück bleibt uns heute jeglicher Gegenwind erspart. Wir unterhalten uns über Peter Lustig und diverse andere Kindheitserinnerungen, so geht die Zeit auf langweiligen Passagen erfahrungsgemäß deutlich schneller vorbei. Wir können schon mindestens 15 km vor unserem Mittagsstop unseren angepeilten Ort in der Ferne ausmachen, so können wir ihn kaum verpassen.

Angekommen in Šamorin decken wir uns zuerst beim Supermarkt sowie beim Bäcker mit allem Nötigen ein. Durch Zufall entdeckt Vincent direkt neben der Bäckerei einen geöffneten Buchladen, wo er die Chance nutzt und schnell sein Glück versucht. Und siehe da, die Verkäuferin spricht bestes Englisch und kennt obendrein das Buch. Besser geht es kaum!

Unser 11. Eintrag im Tagebuch von Anne Frank 😀

Nach dieser äußert produktiven Tat setzen wir uns erstmal zur Ruhe und genießen die erworbenen Leckereien auf einer Bank in der strahlenden Sonne. Dort wird es uns schon fast du warm, der Tacho von Vincent zeigt 40°C in der Sonne an. So verlegen wir unseren Platz nach dem Essen auf eine schattige Bank, um entspannt zu verdauen.

Erstmal den Magen voll schlagen in der prallen Sonne.

Leon holt sein Buch heraus, während Vincent auf die glorreiche Idee kommt dem Antrieb des Fahrrads nach über 3000 km mal etwas Liebe zuzuwenden. So wird das Hinterrad ausgebaut, Ritzel abgezogen und die nur so vor Schmutz triefende Kette so gut es geht gesäubert. Mit den beschränkten Utensilien, die man so auf einer Fahrradtour dabei hat dauert das ganze ziemlich lange und vor allem auch weil es das erste Mal ist, das die Kette einen Lappen sieht. Leon hat sich mittlerweile auch seinem Rad zugewandt und versucht auch seinem Antrieb etwas zu schmeicheln.

Wir nutzen eine Bank und die dahinterliegende Wiese für mehrere Stunde als Open-Air Fahrradwerkstatt.
Blitzblank sauber und wieder wie neu.

Da sich die Kette während der letzen sechs Wochen so stark gelängt hat, dass man sie anhand des exzentrischen Tretlagers nicht mehr nachspannen kann, versucht Vincent seine Kette um eine Glied zu kürzen. Doch wie kann es nicht anders sein, nun ist die Kette ein klein wenig zu kurz und sitzt so stramm, dass man das Hinterrad nicht mehr bewegen kann. So ein Mist! Jetzt hilft nur noch eins, eine neue Kette. Genau in diesem Moment kommt zufällig ein Vater mit seiner Tochter auf dem Rad vorbei und fragt, ob wir Hilfe bräuchten. Vincent fragt ihn, wo er einen Fahrradladen finden könnte um eine neue Kette zu kaufen. Der nette Herr erklärt es ihm und besteht darauf, Vincent dorthin zu begleiten. Wenig später kommt Vincent erleichtert mit einer brandneuen Kette zurück. Leon hat in der Zwischenzeit vergebens versucht, seine Kette mit dem bereits etwas verbogenen Kettenschloss wieder als Ganzes zu vereinen, doch sie will nicht so wie er will. Resultat nach 15 Minuten weiterem gefrimel und blank liegenden Nerven, geht Leon ebenfalls zum Radladen, um sich eine neue Kette zu besorgen.

Viele Nerven und Lappen hat es gekostet, doch nun ist der Antrieb wieder bestens in Schuss für die restlichen 1000 Kilometer.

Nach bestimmt 3 Stunden Bikeservice ist das etwas niederschmetternde Ergebnis, dass wir unsere alten Ketten erst gar nicht hätten zu säubern anfangen müssen. Denn irgendwann ist jedes Verschleissteil mal an der Reihe ausgetauscht zu werden. Aber so lernt man eben aus Fehlern…. Eigentlich wollten wir heute noch bis Bratislava kommen, doch da es inzwischen schon sechs Uhr ist und dies noch über 20 km sind (geschweige denn davon, dass wir dort noch keine Unterkunft haben) entscheiden wir uns kurzfristig um und kaufen für ein Abendessen im Freien ein. Wenige Meter hinter dem Ort nehmen wir den erstbesten Feldweg und siehe da, wir finden hier einen super Campingspot!

Heute ist Vincent der Koch.

Heute ist Vincent mal dran mit kochen und währenddessen rammt Leon die Heringe mithilfe von Steinen in den harten ausgetrockneten Boden. Auf dem heutigen Speiseplan steht Couscous mit einer Auberginen-Frühlingszwiebeln-Möhren-Paprika Pfanne. Sehr lecker! Und zum Nachtisch verputzen wir noch eine Rolle extrem süchtig machende Doppelkekse. Geplättet von diesem sonnigen und etwas nervenstrapazierendem Tag sinken wir unter klarem Sternenhimmel begleitet vom Zirpen der Grillen sanft in den Schlaf.

Schon der zweite Abend in Folge mit einem malerischen Sonnenuntergang.

Vom Touri zum Donauradler #Tag 42 und 43

Auf Budapest haben wir uns beide sehr gefreut und hatten hohe Erwartungen an die Stadt. Natürlich haben wir uns auch hier viel zu viel Programm für viel zu wenig Zeit ausgesucht. Das Dilemma von so vielen schönen Städten… es fällt uns nicht leicht, alles mehr oder weniger oberflächlich abzuklappern. In Wien und Prag haben wir mehr Zeit eingeplant.

Freitag: Der Abend gestern war sehr schön, doch sind wir mal wieder sehr müde ins Bett gefallen. Heute morgen sind wir jedoch wieder sehr motiviert und wollen durch die Stadt bummeln. Nachdem wir ein einfaches Frühstück gegessen haben, wollen wir zunächst in ein Elektronik-Geschäft gehen, um uns nach einer neuen Actioncam umzusehen und eine Sponsoranfrage zu machen. Jedoch ist diese wenig erfolgreich, da keiner der Läden, in denen wir fragen die Erlaubnis dafür geben kann. Überall müssen Emails verschickt werden, was bei einem so kurzen Aufenthalt in der Stadt aber zu lange dauert. Also lassen wir das fürs erste links liegen und widmen uns dem Touriprogramm. Da wir uns gestern eine 24-Stunden-Karte für den ÖPNV gekauft haben, müssen wir nicht alle Strecken zu Fuß zurück legen, doch wir laufen trotzdem ziemlich viel.

Die Matthiaskirche mit einem beeindruckenden Dach aus bunten Keramikziegeln.

Auf mehr oder weniger direktem Weg gelangen wir vom Einkaufszentrum zur Matthiaskirche, die auf einem der Hügel gelegen von weitem sichtbar ist. Wir steigen auf den Turm hinauf, von wo wir einen unglaublichen Blick auf die ganze Stadt werfen können. Erstaunlich wenig Leute sind hier oben, da es zum einen Eintritt kostet und zum anderen über 200 Stufen eine enge Wendeltreppe hinauf geht.

Der Vorplatz der Matthiaskirche, verschönert mit einer Mauer und vielen kleinen Türmchen.. die Aussicht ist auch hier schon gigantisch, doch wird dafür ebenfalls zur Kasse gebeten.
Oben auf dem Kirchturm.. die Aufsicht steigt täglich vier Mal hinauf und hinab – auch so kann man sich fit halten.
Der Blick auf das gigantische Parlamentsgebäude…

Die Distanzen sind spürbar weiter als beispielsweise in Zagreb oder selbst Athen, weshalb wir die Route sehr genau wählen müssen. Von der Kirche laufen wir an der Präsidentenresidenz vorbei (momentan laufen große Renovierungsarbeiten) zur Festungsanlage, in der sich jetzt eines der unzähligen Museen befindet, an denen wir leider vorbeigehen müssen. Sooo viel anderes gibt es zu sehen…

Den Hügel hinab laufen wir, dann fahren wir mit der Straßenbahn ein Stück am Fluss entlang zur großen Markthalle. Tatsächlich vergeht kaum ein Augenblick, in dem man nicht mindestens eine Bahn, einen O-Bus, normalen Bus oder sogar die Elektrovariante sieht. Ein wunderbar ausgebautes Netz (hinzu kommt noch die U-Bahn). 

In der Markthalle wird man von einer Fülle an Essbarem erschlagen… Im Erdgeschoss befindet sich der gewöhnliche Markt mit Obst, Gemüse und allem drum und dran. Geht man jedoch eine Etage höher, tummeln sich die Menschenmassen vor diversen Imbissen mit sehr leckerem Essen! Da Marlen und Lena uns gestern den Tipp gegeben haben, dass man hier sehr gute Langos essen kann, probieren wir die natürlich aus. Diesmal nicht nur klassisch mit Rahm und Käse, sondern auch süß mit Nutella und Banane.

Den engen Raum bestens ausgenutzt… Da sich so viele Leute auf die Langos stürzen, sind sogar mehrere Schlangen nötig, um die Massen bewältigen zu können.

Gut gesättigt laufen wir ein Stück weiter am Fluss entlang, an sehr schönen Gebäuden, modernen Galerien und natürlich Cafés. Dann wird uns der Weg doch zu weit und wir fahren mit der Bahn bis zur Synagoge, die wir gestern Abend in beleuchtetem Zustand schon bestaunt haben. Als wir jedoch dort ankommen, stellen wir enttäuscht fest, dass die Synagoge schon geschlossen ist. Immerhin sparen wir jetzt den teuren Eintritt.

In Ermangelung eines Fotos von der Synagoge bei Tag..

Da wir jetzt noch Zeit haben, fahren wir mit der zweitältesten U-Bahnlinie der Welt zum Heldenplatz, wo wir gestern Abend schon gewesen sind. Dahinter befindet sich ein Park mit einem schönen Schloss, was wir uns genauer ansehen wollen.

Die schmuckvollen alten Ubahn-Stationen heben sich deutlich von den neueren ab.

Die Burg gelegen im Park hinter dem Heldenplatz.

Da unser Ticket bald ausläuft, fahren wir in die Nähe von Victors Wohnung (unserem warmshowers-host) und setzen uns in ein Café nahe der Donau. Dort lassen wir die Eindrücke des Tages ersteinmal sacken und widmen uns dem Blog. 

Als es schon dämmert, merken wir wie spät es geworden ist und begeben uns zu unserer Unterkunft. Victor ist nicht da, weshalb wir etwas simples kochen und wieder ziemlich spät schlafen gehen.

Samstag: Bereits um halb sechs Uhr morgens werden wir von Victor geweckt, der sich von uns verabschiedet. Er hat viel vor an dem heutigen Tag und macht sich deshalb schon früh los. Wir versuchen noch etwas zu schlafen, doch so richtig will es nicht mehr gelingen. Um neun Uhr packen wir dann alle unsere Sachen zusammen und hinterlassen es so, wie wir es vorgefunden haben. Mit dem kleinen Unterschied, dass wir Viktor als kleinen Dank die Hälfte einer Olivenölflasche da lassen, die andere Hälfte haben wir uns in eine kleinere Flasche für unterwegs zum kochen umgefüllt.

Die Räder stehen wieder abfahrbereit im Flur, es kann weiter gehen Richtung Nordwesten.

Auf unseren heutigen To-do Liste steht noch ein Eintrag in das Tagebuch von Anne Frank. Da wir aber schon spät dran sind, suchen wir nicht gezielt nach einem Buchladen oder ähnlichem in Budapest und machen uns nach einem späten Müslifrühstück auf den Weg die Donau entlang. Wir hoffen noch darauf, auf der Strecke einen Buchladen in einer kleineren Stadt auffinden zu können.

Frühstück im Schatten, es hat sich schon wieder gut aufgewärmt.

Auf dem Weg aus der Stadt hinaus fahren wir an einigen Plattenbauten vorbei, die uns sehr an die Plattenbauten aus Erfurt erinnern, welche wir vor zwei Monaten auf unserer Probetour gesehen haben. Das DDR-Regime hatte hier offensichtlich auch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss.

Plattenbau par excellence.

Unsere Strecke führt uns zu Beginn direkt an der Donau auf einem mal mehr mal weniger gut ausgebauten Radweg entlang. Da heute Samstag und bestes Wetter ist, könnte man fast meinen es sei Critical Mass, so vielen Radfahrern begegnen wir. Leon meint, „das sind mir hier schon fast zu viele Fahrradfahrer“. Ein echtes Luxusproblem, wo wir uns doch in den letzten Wochen zeitweise Gleichgesinnte an unserer Seite sehr gewünscht haben. Eine willkommene Umstellung auf mehr Fahrradverkehr! Jedoch sind die meisten der Radfahrer Leute, die einen Tagesausflug machen, wir sehen kaum andere Radreisende wie uns. Doch das soll sich an diesem Tag noch ändern.

Auf einem schönen Deich direkt an der Donau, hier ein kleiner Seitenarm der Donau oberhalb von Budapest.

Wo es Leon teilweise etwas stressig findet, den vielen anderen Radfahrer um sich herum auszuweichen, genießt Vincent den Trubel und das vorbeischlängeln an fahrenden Rädern. Die Strecke bleibt bis zum Mittag sehr abwechslungsreich und wird keineswegs langweilig. Von Asphalt, über Waldweg bis staubigen Feldweg ist alles dabei.

Auch durch dichten Wald führt uns der Donauradweg.

Obwohl wir erst spät gefrühstückt haben, wollen wir nicht allzu spät Mittag essen, damit nicht der ganze Tag nach hinten verschoben ist. So suchen wir gegen zwei Uhr in einem kleinen Ort einen Supermarkt auf und machen uns über ein großes Brot und diverse Aufstriche her.

Für jeden ca. ein halbes Kilo Brot, genug Kraftstoff für die zweite Tageshälfte.

Nach einem gescheiterten Versuch einen Buchladen in diesem kleinen Ort zu finden, machen wir uns mit der Hoffung in Esztergom noch einen geöffneten zu finden weiter auf den Weg. Wenige Meter nachdem der neu ernannte Kameramann Leon den 3000. Kilometer feierlich filmerisch begleitet hat, treffen wir auf zwei Radreisende. Natürlich halten wir an und tauschen uns über Herkunft und Route aus. Es stellt sich heraus, dass die beiden Franzosen auf ihrer einjährigen Reise nach Malaysia morgen die 3000 km knacken werden und genau wie wir bereits 6 Wochen auf dem Rad sind. Was es für ein Zufall! Wir unterhalten uns noch eine Weile sehr nett miteinander, doch leider müssen wir in die entgegengesetzen Richtung weiter. So verabschieden wir uns und wünschen einander noch eine gute Reise, mit dem kleinen Unterschied, dass die Franzosen noch ein paar Kilometer mehr vor sich haben.

Eine tolle Landschaft kurz vor der Grenze zur Slowakei.

Wenige Kilometer später fährt lustigerweiße schon wieder ein schwer bepackter Franzose telefonierend an uns vorbei. Doch er ist so abgelenkt, dass er uns kaum wahrnimmt und nicht anhält. Schade, wenn man auf einer Reise so beschäftigt ist, dass man selbst während dem Radfahren telefonieren muss, finden wir. Kurze Zeit später kommen wir auch schon nach Esztergom, wo wir schon von weitem die riesige, für diesen Ort sehr bekannte Basilika erblicken.

In einer recht kleinen unscheinbaren Stadt wirkt diese riesige Kirche auf den ersten Blick ein wenig Fehl am Platz.

Hätten wir nicht vorher gewusst, dass dieser überschaubare Ort früher einmal die Hauptstadt Ungarns war, wäre uns das riesige Gotteshaus hier etwas komisch vorgekommen. Diese Kirche hier ist anscheinend sogar die drittgrößte Kirche Europas, wie auch immer man diese Größe gemessen hat. Was fest steht, es ist eine wahrhaftig gigantische Kirche! Da es bereits nach fünf Uhr ist, müssen wir leider feststellen, dass schon alle Buchläden der kleinen Stadt geschlossen haben. So fragt Vincent mehr verzweifelt als geplant einen Passanten, ob er das Buch kennen würde und nicht einen kleinen Eintrag hinein schreiben würde. Doch leider Fehlanzeige. Da wir aber noch heute die Grenze zur Slowakei übequeren wollen, müssen wir auf jeden Fall noch einen Eintrag bekommen, wo wir es doch bis jetzt in jedem Land irgendwie geschafft haben. So haben wir die Idee, in dem Souvenirshop der Basilika nachzufragen. Die beiden älteren netten Damen kennen das Buch leider nicht, wollen uns aber unbedingt weiterhelfen. Als ob sie sehen würden, wie dringend wir noch einen Eintrag brauchen. So ruft eine der beiden jemand anderes aus der Kirche an und reicht Vincent schließlich den Hörer. Und wir haben Glück, an der Leitung ist eine gut englisch sprechende Frau, die obendrei auch noch das Buch kennt! So läuft Vincent quer durch die ganze Kirche zu ihr und findet sie tatsächlich. Sie muss etwas verdutzt sein, als ein Radfahrer in kurzer Kleidung, Sandalen, zersaustem Haar und einem Anne Frank Tagebuch ankommt. Doch schnell ist unser Projekt erklärt und schon haben wir unseren ungarischen Satz im Buch stehen.

Strahlend kommt Vincent mit einem Satz mehr aus der Kirche heraus.

Was für ein Glück wir mal wieder hatten und was für unglaublich nette und hilfsbereite Menschen uns in unserer „Not“ weiter geholfen haben. Es tut wirklich gut, mal wieder so eine herzliche Begegnung zu haben. Nun ist es schon nach sechs Uhr und wir machen uns die letzten Meter den Berg runter zur Brücke, die uns auf die andere Seite der Donau in die Slowakei bringt.

Leider mit Gegenlicht, doch im Hintergrund links oben kann man das Grenzschild erahnen.
Von der Brücke aus haben wir nochmal eine tollen Blick auf die Basilika.

Angekommen in der Slowakei fällt uns ein, dass morgen Sonntag ist und wir uns diesmal besser eindecken sollten. So kaufen wir schon mal fürs Frühstück ein und fahren ein kurzes Stück aus dem Ort heraus. Gegenüber einer Fabrik entdecken wir ein kleinen Feldweg, der mit Bäumen etwas abegeschirmt von der Straße liegt. Ein perfekter Campingplatz für die Nacht. So schlagen wir zurerst das noch etwas nasse Zelt zum trocknen auf und fangen dann an zu kochen. Heute gibt es mal ein richtig besonderes Gourmetdinner, Couscous mit einer Kichererbsen-Zuchini-Erdnuss Soße. Mit bestens gefüllten Mägen legen wir uns wenig später ins Zelt zur Ruhe, als es leicht anfängt zu regnen.