Wie versprochen kommt hier der Bericht über unseren superschönen Aufenthalt in Wien – und das in jeder Hinsicht!
Donnerstag: Probiers Mal mit Gemütlichkeit! In einem Wohnwagen zu schlafen ist eine nette Abwechslung und da wir die ersten Gäste von Heini und Anna sind, die darin übernachten dürfen, ist es uns eine besondere Ehre. Die Aussicht, noch zwei weiter Nächte hier zu schlafen lässt uns gleich wie zu Hause fühlen, denn es ist die bisher längste Zeit, die wir an einem Ort verbringen (in Skopje mussten wir ja leider zwischendurch unziehen).
Während wir frühstücken – es gibt einen aus England importierten Kaffee – erfahren wir einiges über die Stadt. Heini ist ein eifriger Erzähler und interessierter Zuhörer, sodass wir ein wenig länger am Tisch verweilen, bevor wir uns alle unserem Tagesprogramm widmen. Alle Fahrradtaschen sind abgepackt und wir haben nur leichtes Gepäck dabei, weshalb wir die unglaubliche Beschleunigung genießen, die unsere Räder plötzlich hergeben.
Wir fahren in Richtung Innenstadtring – nachdem wir die guten 10 Kilometer gefahren sind, stellen wir die Räder in der Haupteinkaufsstraße ab. Zu Fuß ist eine Stadt dann doch genauer anzuschauen als mit dem Rad. Wir steuern diverse Sehenswürdigkeiten an, doch die meiste Zeit staunen wir über nicht nur vereinzelt schöne Hausfassaden, sondern über die ganze Stadt!



Da wir gestern so gut wie alles eingekauft haben, was wir für den Tag brauchen, (es ist Himmelfahrt und somit Feiertag) geben wir heute nur wenig Geld aus. Wir lassen uns in einem der unendlich vielen Parks nieder, die diese Stadt zu bieten hat und werden das eine oder andere Mal neugierig angeschaut, denn auch ohne Räder gönnen wir uns unsere normale Brotzeit mit diversen Aufstrichen und breiten uns auf einer großen Parkbank aus.
Mit frischer Energie – nur umherlaufen und schauen ist fast anstrengender als Rad fahren – steigen wir auf den Stefansdom hinauf, nachdem wir zuerst sowohl eine kleinere Kirche, als auch den Rathausturm fälschlicherweise angesteuert haben. So sehenswert ist Wien!


Durch den Rosengarten laufen wir schon halb wieder zurück zu den Fahrrädern, als wir nocheinmal an der Oper vorbei laufen, wo wir uns kurzentschlossen in die Schlange von Leuten stellen, die sich Stehplätze für die heutige Vorstellung erhoffen. Es wird das Ballett ‚Schwanensee‘ aufgeführt und da wir sowohl vom Opernhaus wie auch von dem Stück schon viel gehört haben, erscheint uns diese Gelegenheit einmalig! Für drei Euro kommen wir unter den strengen Blicken der Aufsicht hinein. In unseren Radlerklamotten (Jeans und Funktionshose) fühlen wir uns doch etwas underdressed, doch da wir nicht durch den Haupteingang laufen, fallen wir nicht weiter auf.
Für uns beide ist es die erste professionelle Ballettaufführung, die wir in unserem Leben sehen, weshalb wir sehr gespannt sind. In den folgenden Stunden erleben wir eine tänzerische Höchstleistung begleitet von schöner und uns teilweise bekannter Musik. Vincent, der zwar beeindruckt von den Tänzern und der Location ist, aber mit der Handlung nicht viel anfangen kann, verlässt die Oper nach dem zweiten Akt, während Leon noch bleibt.
Deutlich später als beabsichtigt machen wir uns auf den Heimweg und kommen nur wenige Minuten vor unseren beiden Gastgebern an, die Freunde besucht hatten. Keiner von uns hat Lust, jetzt noch ein Abendessen zu kochen, sodass wir uns mit einer Scheibe Brot begnügen und bald ins Bett gehen.
Freitag: Wir erwachen in den gemütlichen warmen Betten des Wohnwagens und würden am Liebsten noch eine ganze Weile einfach liegen bleiben. Doch wir haben wie immer viel vor, Wien ruft. So stehen wir gegen 8 Uhr auf und frühstücken entspannt gemeinsam mit Heini und Anna. Wir wurden von den beiden so herzlich aufgenommen und so selbstverständlich in ihr Leben integriert, dass wir uns schon jetzt ganz wie zu Hause fühlen. Ein tolles Gefühl und wir genießen es beide sehr, hier ein wenig zu ruhen.
Nach dem Frühstück begleiten wir Anna in die Stadt zum WUK (Werkstatt- und Kulturhaus), wo sie ein Planungstreffen hat. Das WUK ist ein altes Fabrikgelände inmitten der Stadt, welches innovativ umgenutzt wurde für diverse Zwecke. So ist dort unter anderem eine Gemeinschafts- Tischlerei sowie eine Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt. Für den Weg durch die Stadt brauchen wir eine knappe Stunde, doch Anna lässt es sich nicht nehmen noch einen kleinen Berg mit uns hoch zu fahren, von wo wir eine super Aussicht über Wien haben.

Auf dem Weg durch die Stadt fällt uns auf, dass wir nicht so ein hektisches Großstadtgefühl haben wie in anderen vergleichbaren Metropolen. Dies liegt vermutlich nicht zuletzt an der sehr menschengerechten Stadtstruktur Wiens. Nicht umsonst ist Wien im neunten Jahr in Folge bei einer Umfrage von 230 Städten weltweit die Stadt mit der höchsten Lebensqualität.

Angekommen beim WUK staunen wir nicht schlecht. Der sehr schöne Innenhof mit den darum stehenden alten Backsteingebäuden hat eine sehr anziehende Wirkung auf uns. Zuerst führt uns Anna in die Gemeinschafts-Tischlerei, in der sie selbst hin und wieder arbeitet, denn sie ist ausgebildete Tischlerin. Jedoch nur in ihrer Freizeit, denn hauptberuflich arbeitet sie im selben Fahrradgeschäft wie Heini. Die Tischlerei begeistert uns und uns leuchtet der Sinn ein, diese gemeinschaftlich zu nutzen. Denn die vielen großen Maschinen sind sehr teuer und so kann man sie sich sinnvoll teilen. Außerdem kann man voneinander viel lernen, so gibt es hier auch wöchentliche Fortbildungskurse.
Danach gehen wir in die Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt und uns haut der erste Anblick der Werkstatt vom Hocker! Überall hängen, stehen und liegen Fahrräder und Einzelteile in schier unendlicher Menge. Wir fühlen uns wie im Fahrradhimmel und schauen uns staunend einige Zeit lang alles genauestens an. Vincent würde am Liebsten gleich anfangen sich ein Fixie zusammenzubauen, doch dafür ist leider nicht genug Zeit. So verschiebt er diesen Drang aufs nächste Mal, denn das wird bestimmt kommen.

Da sich Vincent gerne die Uni (TU Wien) wegen seines Studiums anschauen will und Leon lieber andere Ecken von Wien erkundet, gehen wir getrennte Wege. Das erste Mal seit sieben Wochen, dass wir länger als eine Stunde getrennt unterwegs sind, schon ein ungewohntes Gefühl. Doch uns tut es beiden auch gut sich mal eigenständig zu bewegen und wir genießen unabhängig voneinander den zweiten Tag in dieser fabelhaften Stadt.


Da wir beide den letzten Abend in Wien noch mit Heini und Anna verbringen wollen, kehren wir schon gegen 5 Uhr zurück und haben uns erstmal einiges zu erzählen von den vielen Erlebnissen. Heute Abend sind noch zwei Freunde von Heini und Anna zu Gast, daher wollen wir etwas zum Abendessen beitragen. Vincent startet gleich durch und backt eine südafrikanische Spezialität, Bananenbrot. Währenddessen bereitet Leon Apfelmus vor, welches nachher mit den Kartoffelpuffern im Einklang gebracht werden soll. Es macht Spaß mal wieder in einer Küche zu kochen, eine nette Abwechslung zu den doch etwas beschränkten Mitteln beim kochen im Grünen.

Kurz nachdem wir angefangen haben in der Küche zu werkeln gesellt sich Heini noch zu uns und ergänzt den Menüplan noch um ein grandioses Curry. So gibt es eine reichhaltige Auswahl zum Abendessen und niemand muss hungrig bleiben. Und zu guter Letzt ist Vincent das Bananenbrot dank verbessertem Rezept heute deutlich besser gelungen als jemals zuvor, was die ganze Runde genüsslich verschlingt. Als fertig gespeist haben fällt uns etwas besorgt auf, dass wir die letzten vier Tage kein Blogeintrag geschrieben haben und uns wird klar, dass es noch ein langer Abend wird. So macht Leon es sich im Wohnwagen gemütlich und schreibt fleißig, während Vincent noch draußen und dann später in Haus umsiedelt und seine Gedanken auf den Bildschirm bringt. Irgendwann ist es aber auch genug und wir fallen beide beinahe noch müder als an einem gewöhnlichen Radeltag ins Bett.
Kleiner Nachtrag vom letzten Blogbeitrag, das Foto mit dem Weltenbummler Leon aus Hannover:

Hi Jungs,
schön, dass es euch in Wien auch so gut gefallen hat. Auch wir Münchner Radler hatten, ca. eine Woche vor euch, Stehkarten für Schwanensee ergattert!
Eine kleine Korrektur für euren Blog… ihr beschreit das Operhaus in Wien bei Nacht mit „Semperoper“. Die Semperoper wird euch auch noch begegnen- in Dresden- ihr erinnert euch meine Heimatstadt. Grüßt also den Elberadweg! Alles Gute! Antje
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Hi Antje, ja das mit der vermeintlichen Semperoper ist uns inzwischen auch schon aufgefallen, wird sogleich abgeändert 😉 Den Elbradweg werden wir auf jeden Fall von dir grüßen! Sonnige Grüße aus einem kleinen Ort kurz vor Prag
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Perfekt! Dann viel Spaß! Übrigens auf dem Weg nach Prag kommt ihr an einer gelben Fluss- Brücke mit dicken Rohren auf einem Gemüsefeld vorbei. Wenn es euch gelingt nehmt die Fähre einige Kilometer vorher. Anderenfalls müsst ihr eure Räder treppauf- und abwärts tragen. Wir sind mehrmals dran vorbei gefahren, weil wir die Brücke nicht als Übergang, sondern nur als Rohre erkannt hatten.
Macht es besser als wir, bestimmt denkt ihr an uns. Sie müsste euch auf dem Weg von Prag nach Melnik begegnen.
Viele Grüße zurück im Hochhaus und Großstadtgetümmel
Thomas u Antje
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