Von hundert Wassern und der Tschechei #Tag 50 und 51

Nachdem wir wunderschöne Tage in Wien verbracht haben, ging es nocheinmal in die wilde Natur Österreichs. Traumhafte Landschaften, traumhaftes Wetter, traumhafte Radtour…

Samstag: Es war eine kurze letzte Nacht im Wohnwagen, da wir bis nach Mitternacht mit dem Blog beschäftigt waren. Doch was solls, wir sind beide hoch motiviert und stehen energiegeladen auf. Wir setzen uns zu Heini mit an den Frühstückstisch und kommen wieder in ein lang anhaltendes sehr interessantes Gespräck. Heini scheint uns wie ein wandelndes Lexikon, er weiß wirklich viel über Land & Leute, Fahrräder und viele andere Themen. Unter anderem kennt er natürlich auch das Tagebuch der Anne Frank und so fragen wir ihn, ob er sich in unserem Buch verewigen möchte.

Das Tagebuch, Heini und wir.

Wir bemerken kaum, wie die Zeit verfliegt und gegen 10 Uhr verlassen wir schließlich wohl genährt den Frühstückstisch. Wie immer, wenn wir für längere Zeit an einem Ort Pause gemacht haben, dauert es seine Zeit bis wir wieder alle quer verstreuten Habseligkeiten effizient gepackt in unseren Packtaschen verstaut haben. Da der Wohnwagen wirklich sehr klein ist und in den letzten drei Tagen ein ziemliches Durcheinander entstanden ist, dauert das packen entsprechend länger. Als wir um kurz nach elf immer noch nicht aufgebrochen sind, kommt Anna zu uns und meint scherzhaft, ob wir wirklich heute fahren wollen. Und dann fügt sie ernstgemeint hinzu, dass wir sehr gerne noch eine Nacht länger bleiben könnten. Wir würden diese Einladung zu gerne annehmen, doch unser Zeitplan lässt eine weitere Nacht im wunderschönen Wien leider nicht zu. Was aber fest steht, wir kommen definitiv wieder! Vincent vielleicht sogar noch dieses Jahr, da er nun ernsthaft überlegt in Wien zu studieren.

Zusammen im Garten vor Heinis und Annas schönem Haus.

Leider ist auch irgendwann der schönste warmshowers Aufenthalt vorbei und so verabschieden wir uns schließlich um 11:40 Uhr wehmütig von Heini und Anna. Wir schießen noch gemeinsam ein letztes Foto und versprechen uns zu melden, wenn wir wieder in Wien sind. Dann fahren wir wirklich los, so spät sind wir selten gestartet. Wir haben unsere ursprüngliche Route von Wien nach Prag nach der begeisterten Erzählung von Andreas über die Wachau und nach Empfehlung von Heini noch kurzfristig gestern umgeändert, sodass wir heute noch ein letztes Mal die Donau entlang fahren. Doch um zur Donau zu kommen, müssen wir erstmal über ein paar Hügel fahren.

Auf dem Weg zur Donau bei strahlendem Sonnenschein durch die Felder.

Nach 30 km durch eine schöne Landschaft mit immer wieder kleinen netten Dörfchen sind wir wieder an der Donau angekommen und folgen weiter dem Donauradweg flussaufwärts. Hier treffen wir wieder auf einen Radfahrer nach dem anderen, vermutlich auch weil so unverschämt gutes Wetter ist. Wie gewohnt grüßen wir jeden Radfahrer, der uns entgegenkommt, doch scheint die Begrüßungskultur unter Radfahrern hier nicht ganz so stark ausgeprägt zu sein. Doch davon lassen wir uns nicht beirren und grüßen weiter hartnäckig. Es fühlt sich teilweise an wie eine Art Begrüßungs-Therapie, bei dieser Menge von Radfahrern müssen wir uns so unsere Sauerstoffkapazitäten sinnvoll einteilen.

Das Atomkraftwerk Zwentendorf in voller Pracht.

Es ist schon Mittagszeit, als wir bei einem nie in Betrieb genommenen Atomkraftwerk vorbei kommen. Dort erfahren wir auf der Infotafel, dass dieses Ungetüm kurz nach der Katastrophe von Tschernobyl fertiggestellt wurde und der damalige österreichische Präsident eine Volksentscheidung bezüglich der Weiterführung von Kernenergie veranlasste. Dem denkbar knappen Ergebnis des Entscheids gegen Kernenergie hat es Österreich heute zu verdanken, dass es komplett frei von AKWs ist. Und so wurde das AKW Zwentendorf umgenutzt und ist heute Veranstaltungsort, bietet Trockenübungen für angehende Atommechaniker und produziert mit einigen Solarpanelen obendrein noch sauberen Strom.

Entlang des Donauradwegs stoßen wir immer wieder auf solch aufwendige Radwegebeschilderung. So groß, man könnte meinen hier habe das Fahrrad das Auto ersetzt 🙂

Das Essen in der einer Almhütte nachempfundenen Gaststätte daneben ist uns zu teuer und so schieben wir uns einen Energieriegel rein und fahren noch knapp 30 km bis wir in Krems an der Donau ankommen. Dort legen wir dann mit nicht enden wollenden knurrenden Mägen endlich eine verspätete Mittagspause ein.

Erst setzen wir uns in Krems auf eine schattige Bank und stillen den ersten Hunger.

Nachdem wir unseren Energiehaushalt wieder einigermaßen aufgefüllt haben, setzen wir uns noch in ein Café um das Wifi zu nutzen und seit langem mal wieder einen Blogeintrag hochzuladen. So vergeht die Zeit wie im Flug und als wir uns zum weiterfahren bereit machen ist es schon kurz vor sechs. 

Nach dem ersten Essen folgt eine Genusspause im Café.

Ein wenig schade, denn der schönste Teil der Etappe steht uns noch bevor: die Wachau. Sie erstreckt sich von Krems aufwärts der Donau und ist berühmt für ihr warmes Klima und viele sehr idyllisch kleine Orte. Hier fahren wir nun entlang und versuchen in der sehr beschränkten Zeit im Abendlicht diese einzigartige Landschaft so gut zu genießen wie möglich.

Eine unverwechselbare Landschaft mit warmen Klima kann man in der Wachau bestaunen.
Leider im Licht der untergehenden Sonne keine optimalen Fotobedingungen mehr.

Schließlich kommen wir nach Weißenkirchen wo unser Track uns nun aus der Wachau heraus Richtung Norden leitet. So müssen wir uns nun endgültig von der Donau verabschieden, sie hat uns nun schon ein ganzes Stück unserer Reise begleitet. Angesichts der vorangeschrittenen Abendstunden schauen wir uns zunächst direkt in Weißenkirchen nach einem belebten Garten um, wo wir nach einem Stück freier Wiese fragen wollen. Doch leider ergibt sich hier keine Möglichkeit, sodass wir notgedrungen die Strecke weiterfahren. Da die Wachau ein von Weinbergen gesäumtes Gebiet ist, müssen wir jetzt die nächsten 8 km im Wald stetig bergauf fahren. Darauf sind wir weniger erpicht und vor allem gestaltet es sich im steil abfallenden, dicht bewachsenen Wald als schier unmöglich einen Zeltplatz zu finden. Doch das Glück scheint wieder einmal auf unserer Seite zu stehen, denn nach dem ersten Drittel des Anstiegs treffen wir auf ein junges Paar, die zu Fuß ebenfalls auf der Suche nach einen Campingplatz im Wald sind. Wir kommen ins Gespräch und sie zeigen uns auf der Karte eine etwas versteckte Lichtung nicht weit oberhalb. Das scheint wie bestellt und wir verabschieden uns dankend für diese wertvolle Information.

Suchaufgabe, wer von euch sieht unser Zelt als erstes 😀

Erleichtert finden wir die beschriebene Lichtung wenige Minuten später und verteilen sogleich Aufgaben. Leon fängt an zu kochen während Vincent die unsere nächtliche Behausung aufbaut. Natürlich ist Vincent schneller fertig als Leon mit dem Kochen und so schreibt er übermotiviert gleich den zweiten Blogeintrag heute. Als er schon fast fertig ist und Leon zum Essen ruft kommt er dummerweise (inzwischen ist es schon dunkel geworden) auf eine falsche Taste und mit einem Mal ist alles weg, ohne Option zum rückgängig machen. Super ärgerlich! Aber ärgern bringt einen bekanntlicherweise nicht weiter und daher wird erstmal kräftig zugeschlagen beim Abendmahl. Mit vollem Magen sind wir dann beide so müde, dass es nur noch heißt ab ins Zelt und gute Nacht.

Sonntag: Die Geräuschkulisse des Waldes um uns herum ist unglaublich, als wir morgens aufwachen. Strahlender Sonnenschein kündigt einen warmen Tag an, der uns zur Abwechslung mal wieder einiges an Höhenmetern bringen wird. Guter Dinge packen wir zusammen, fahren den ersten Berg hinauf (je nach sichtweise auch Hügel) und suchen uns eine Bank im nächsten kleinen Ort, auf der wir unser Frühstück ausbreiten.

Die Dorflinde ist an diesem Morgen der perfekte Platz zum Sonne genießen.

Einen Hügel hinauf, einen hinab geht es von nun an kontinuierlich durch eine Wald- und Wiesenlandschaft, die im Morgenlicht strahlt. Wald und Wiese sind zwar meistens von asphaltierten Wirtschaftswegen durchzogen, doch zwischendurch ruft erneut das Abenteuer, denn es geht durch tieferen Wald eine Mountainbikestrecke entlang, die uns zunächst noch bangen lässt, ob wir dort überhaupt durchkommen (das GPS zeigt einen Bachlauf an, was durchaus einen déjà-vu-Charakter hat). Österreich scheint jedoch auch für Mountainbiker einiges zu bieten zu haben, denn bald ist der Weg sehr gut beschildert, was uns erleichtert. Im Tal, in dem der Bach fließt, steht schließlich sogar ein Gasthaus so ziemlich im nirgendwo herum.

Ein unglaubliches Licht fällt durch die Bäume, während wir eine buckelige Abfahrt bestreiten.

Die Hügel hinauf und hinab strampeln wir dem Mittag entgegen. Die Landschaft wird etwas offener, sodass wir durch weniger Wald fahren. Bei diesem Licht, was durch die Bäume fällt, ist das sehr schade…

An einem Feld halten wir zwischendurch an, denn hier wächst jede Menge Schnittlauch, von dem wir uns gleich etwas pflücken.

In Zwettl legen wir eine frühe Pause ein. Nachdem wir erst durch ein großes Gewerbegebiet gefahren sind, erreichen wir den Stadtkern, in dem auch am Sonntag viel los ist. Diverse Cafés locken die Leute bei heißen Temperaturen zu einem Eis heran. Ein Brunnen zieht uns magisch an, der kunstvoll verziert nur von Hundertwasser stammen kann. Der dazugehörige Sitzpavillon spendet Schatten, in dessen Schutz wir unsere Brotzeit auspacken, nachdem wir unsere Füße im Brunnen gekühlt haben. Während wir so dasitzen, kommen verschiedene Leute an und gesellen sich zu uns. Eine Familie, ein älteres Ehepaar, eine junge Frau mit Hund… dieser Platz lädt zum Reden ein, was Hundertwasser geschickt verwirklicht hat.

Der erste Handstand im kühlen Nass seit einigen Wochen!

Vincent muss den Schnittlauch unbedingt festhalten, den Leon sorgfältig und werbefotoreif drapiert hat, jedoch hat er Hunger und treibt ihn zur Eile an.

Gesättigt und so voll gegessen machen wir erstmal eine Verdauungspause. Vincent hat an den Armen zu viel Sonne abgekriegt und bleibt erstmal im Schatten, während sich Leon auf einer Bank in der Sonne ausstreckt, erst liest und dann ein wenig wegdöst. Bei einem Milchshake sitzen wir noch in einem der Cafés und schreiben am Blog weiter.


Halb fünf wird es wie im Fluge. Wir haben eigentlich den größeren Teil unserer Tagesetappe noch vor uns, doch dieser schöne Ort hat uns irgendwie in seinen Bann gezogen. Nun heißt es: In die Pedale treten! Wir fahren jetzt immer näher an die Grenze und in Gmünd, welches aufgeteilt auf zwei Länder ist, fahren wir durch einen verlassenen Grenzposten nach Tschechien!

Ziemlich plötzlich taucht das Grenzschild auf. Wir sind in Tschechien! Unser letztes Ausland!

Nachdem wir uns gerade einigermaßen an die deutsche Sprache gewöhnt hatten, verstehen wir jetzt wieder kein einziges Wort. Die Radwege, von denen wir nicht wussten was wir zu erwarten haben, sind ähnlich gut wie in Österreich, sodass es sich angenehm in den Abend fährt. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der vielen Höhenmeter, die wir heute gefahren sind, suchen wir uns bald einen Platz, an dem wir das Zelt aufschlagen. In einer Wiese mit hohem Gras finden wir den perfekten Platz. Etwa 30 Meter entfernt stehen zwar mehrere Bienenstöcke, doch die vielen Mücken bereiten uns mehr Unbehagen.

Die Nudeln gekocht und gut gesättigt (zu mehr haben wir keine Lust und obendrein keinen Vorrat mehr), begibt sich Vincent auf einen nahe gelegenen Hochsitz, um die letzten Sonnenstrahlen einzufangen, während sich Leon in das mückenfreie Zelt verkriecht, um nicht aufgefressen zu werden.

Fix gekocht sind Nudeln mit Pesto immer noch unschlagbar!

Vincent chillt im seiner neuen Bude…
…und genießt den Sonnenuntergang.

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