Sarajevo! Blitz und Donner! #Tag 25 bis 27

Nach vielen hohen Bergen sind wir in Sarajevo angekommen. Eine Pause haben wir uns wirklich verdient! Nur zur Info: den größten Teil der Berge haben wir schon hinter uns! Nach wie vor sind wir gut in der Zeit, obwohl uns die Erkältungswelle einiges an Puffer gekostet hat – die gute Nachricht: es scheint, als hätten wir alles kränkeln hinter uns gelassen und können wieder mit voller Power radeln!

Dienstag: Wie gewohnt wachen wir früh auf, obwohl es gestern Abend noch etwas später geworden ist.. Nichtsdestotrotz sind wir munter bei der Sache. Während Vincent noch im Bett liegt, schmeißt Leon den Herd an und beginnt, die zweite Hälfte des Pfannkuchenteigs zu verarbeiten. Es gibt ein Luxusfrühstück mit Bananen-Pancakes und diversen Toppings… Nutella, Pflaumenmus, Honig und Zucker! Dem Vermieter unseres Zimmers passt es nicht, wie wir unsere Wäscheleinen im Flur und Bad aufgespannt haben.. da wir beide einen Großteil unserer Wäsche waschen mussten, haben selbst die Leinen nicht ausgereicht, weshalb wir über alle Türen, Stühle, Heizungen und und und alle unsere Sachen ausgebreitet haben. Das verlagern wir jetzt nach Draußen, wo ebenfalls Wäscheleinen sind, die wir in der Dunkelheit aber übersehen haben.

Seit Tirana ist es das erste Mal, dass wir beide fit genug sind, um uns in der Freizeit ein wenig Kulturprogramm zu Gemüte zu führen und die Stadt anzugucken. Also machen wir uns los, um an einer Free Walking Tour teilzunehmen, wie Leon schon eine in Skopje mitgemacht hat. Als wir am Startpunkt ankommen, müssen wir leider feststellen, dass die kostenlose Führung erst am Nachmittag stattfindet. So machen wir uns auf eigene Faust auf den Weg durch die Stadt. Wir finden einen Buchladen, der wegen des zweiten Feiertags aber nicht geöffnet hat. Morgen wollen wir nochmal hier vorbei fahren, um den sechsten Eintrag in das Anne-Frank-Tagebuch zu bekommen. 
Ein Stück weiter finden wir eine herrliche französische Bäckerei, in der es zum einen leckere Teilchen, zum anderen auch dunkles Brot gibt! Nach den ewigen Weißbrotvarianten ist das ein Hochgenuss! Auf einer Bank neben einem Skateplatz lassen wir es uns schmecken, bevor wir die spektakulären Pipes als Rutsche umfunktionieren.. das bringt eine Menge Spaß! 😀

Vincent in Action.. zur Abwechslung mal nicht auf dem Rad!

Zurück in der Pension, ruhen wir kurz unsere Füße aus (so viel Laufen sind sie kaum noch gewohnt). Dann geht es den Berg hinauf zu einer Art Festungsanlage, von der man über weite Teile der Stadt blicken kann.

Um das Touriprogramm komplett zu machen, suchen wir die Free Walking Tour auf. In den letzten Jahren sind diese Touren immer populärer geworden, da man in der Regel eine gute Führung bekommt und hinterher mit einem Trinkgeld für den Guide nur so viel dafür bezahlt, wie es einem Wert ist. Wir starten die Führung am Schauplatz jenes Ereignisses, wofür Sarajevo so ziemlich jedem bekannt sein sollte. Kronprinz Ferdinand von Österreich-Ungarn wurde hier 1914 bei einem Attentat umgebracht, woraufhin der erste Weltkrieg entbrannte. Nach diesem Exkurs in die Geschichte, laufen wir verschiedene sehenswerte Stationen ab.

Unweit unserer Pension ist das Rathaus gelegen
Vor dem Gebäude der Kunstuni stehen sehr innovative Solarbänke, an denen USB-Anschlüsse zum Handy aufladen angebracht sind.
Die wohl imposanteste Bauruine, die uns bis hierhin begegnet ist.. Hier ist schon eine Weile nichts mehr dran getan worden.
Wie, wo, was weiß OBI? Rechts ist der Hauptkomplex der Universität zu sehen.
Das Ende der Free Walking Tour…

Nach dieser durchaus interessanten Führung suchen wir hungrig ein Lokal auf. Da die traditionell bosnische Küche leider sehr fleischlastig ist, gucken wir uns das wohl vegetarierfreundlichste Restaurant aus, das die Stadt zu bieten hat! Falafel in den unterschiedlichsten Ausführungen, wobei kein Gramm Fleisch serviert wird.
Gesättigt schlendern wir durch die Straßen zurück zur Pension. Es war ein gelungener Tag! Heute wollen wir zeitiger ins Bett, da morgen eine letzte Bergetappe auf uns wartet.

Mittwoch
: Super ausgeruht und topfit sind wir nach der Pause in dieser sehr schönen Stadt! Da wir diesmal auch wirklich alle Sachen aus den Taschen geholt haben, packen wir quasi komplett neu. Das geht dafür aber erstaunlich schnell, sodass wir gegen neun aufbrechen können. Ein paar Dinge haben wir uns noch vorgenommen, bevor wir Sarajevo hinter uns lassen. Zunächst geht es zum Buchladen, den wir uns ausgeguckt haben und der vorwiegend englischsprachige Lektüre im Sortiment hat. Eine sehr nette Verkäuferin steht uns zur Verfügung und sie kennt das Anne-Frank-Tagebuch obendrein sehr gut! Unser Eintrag auf bosnisch ist gesichert…

Unsere Mägen sind noch leer, da kommt uns nur die geniale französische Bäckerei von gestern in den Sinn, wo wir nochmal ordentlich zuschlagen. Brötchen, Croissaints, alles was das Herz begehrt. 

Gestärkt und voller Motivation starten wir die heutige Etappe. Das Höhenprofil lässt sich wie ein Kamel beschreiben. Zwei ordentliche Berge liegen direkt hinter der Stadt, dann geht es abwärts Richtung Serbien. Es ist fast schade, dass die Berge bald hinter uns liegen… eine absolut einmalige Landschaft! 
Der erste Anstieg ist wohl der steilste, den wir bisher hatten! Nach so vielen Bergen in den Beinen fährt sich aber selbst dieser sehr beschwingt. Was uns auffällt ist, dass immer mehr Mülltonnen am Straßenrand und vor den Häusern zu sehen sind. Es gibt anscheinend eine zentrale Müllentsorgung, die in so vielen Teilen des Landes und auch in den vorangegangenen Ländern gefehlt hat. Daumen hoch!

Den ersten Berg hinunter und den zweiten wieder hinauf.. ein sehr bekanntes Schema. Besonders ist nur, was wir noch kaum realisiert haben, dass dies vorerst der höchste Punkt in den nächsten hunterten Kilometern ist. Da kann man glatt eine Mittagspause einlegen.. Nachdem wir gegessen haben, geht Vincent die Wasserflaschen in einem Café um die Ecke auffüllen und trifft dort auf ein lustiges Völkchen. Ein Mann und zwei junge Damen, die ein wenig deutsch aus der Schule können. Zum ersten Mal findet der QR-Code auf der Rückseite unseres Trikots Verwendung (natürlich haben zuvor wahrscheinlich hunderte andere Leute heimlich davon Gebrauch gemacht).

Mit dem Energie-Boost und guter Laune fahren wir entspannt die Abfahrt hinunter. Diese ist aufgeteilt, sodass wir zunächst den kleineren Teil hinabfahren, wo sich eine Straße abwechselnd durch hügeliges Grasland und dichten Wald schlängelt. Da wir die Pause recht spät beendet haben und unser Tagessoll gemütlich erfüllt haben, begeben wir uns auf die Suche nach einem Campingspot, um unser Lager für die Nacht endlich wieder in wilder Natur aufzuschlagen. Kurz hinter einem Ort, der vom Holzfällen lebt – wie viele in der Umgebung – fahren wir von der Straße ab und schieben die Räder einen Hügel hinauf, wo sich eine einigermaßen ebene Fläche befindet. In Sichtweite sind einige Häuser zu sehen, die aber nicht stören sollten. Direkt zwischen ein paar Tannenbäumen und dem Zaun einer Weide schlagen wir das Zelt auf. 10 Meter daneben ist ein großer Ameisenhaufen, weshalb wir unsere Kocheinheit ein ganzes Stück entfernt aufbauen. Während mal wieder Nudeln vor sich hin kochen, beginnt es in der Ferne zu Donnern und man kann den Regen sehen, der ein paar Kilometer vor uns runter kommt.

Als wir gemütlich im Zelt liegen und am einschlafen sind, beginnt es so richtig zu Gewittern. Blitze, dicht gefolgt von Donner. Erst verspätet setzt ein kurzer, aber heftiger Regen ein, der jedoch nicht verhindern kann, dass wir ins Traumland hinübergleiten.

DonnerstagWir wachen in einer feuchten Welt auf. Alles klebt ein wenig und der Schlafsack ist unangenehm nass. Der Grund dafür, über Nacht hat es geregnet und durch den unebenen Untergrund sind wir beide im Schlaf an die Zeltwand gerollt. Doch es hilft alles nichts, wir müssen aufstehen und den nassen Schlafsack sowie das nasse Zelt mit gefühlt doppeltem Gewicht einpacken. Immerhin regnet es nicht mehr und dafür ergibt sich ein mysthischer Blick auf die Hügellandschaft um uns herum.

Leider sehr bitterer Tee, trotzdem gut zum Hände wärmen.

Nach einem ungenießbar bitterem Tee, was vermutlich an der sehr belegten Kanne liegt, rollen wir von dem schön gelegenen Wiesenplatz runter zur Straße. Gleich 200 Meter weiter ist eine Tankstelle, wo wir unsere leeren Flaschen auffüllen können, perfekt! Wir fahren die letzten hundert Höhenmeter hoch und treffen auf dem Weg noch auf zwei Männer, die uns auf Serbisch zu verstehen geben, dass wir gleich oben seien und es dann nur noch bergab und eben bis Belgrad gehe. Zum Abschied bieten die beiden uns noch Zigaretten und einen Schluck aus ihrem Flachmann an, was wir freundlich ablehnen. Wenig später sind wir oben und auf uns wartet eine 30 km lange Abfahrt, erst steiler und dann leicht geneigt neben einem Fluss.

Doch da wir außer dem Schluck bitterem Tee noch nichts gefrühstückt haben, machen wir auf der Hälfte der Abfahrt an einem malerisch gelegenen kleinen Laden halt und kaufen dort Joghurt fürs Frühstück. Den Rest haben wir noch für ein üppiges Müsli und so machen wir es uns auf der gerade neu gebauten Terasse des Ladens/Kneipe mit traumhafter Aussicht gemütlich.

Ein energiereiches Radlerfrüstück 🙂

Mit zufrieden gestellten Mägen geht es weiter bergab, bis der Track des GPS eine kleinere Straße bergauf weg von der Hauptstraße führt. Wir schauen uns ein wenig misstrauisch an, wo uns dieser Weg wohl hinführen mag und kommen auf das Ergebnis, dass dieser anscheinend eine Abkürzung der Hauptstraße gegenüber darstellt. So fahren wir erst noch auf Asphalt und später auf einem immer schlechter werdenden Forstweg immer tiefere in den Wald hinein. Da wir schon länger keine Mountainbike-Etappe mehr gefahren sind und sich in uns wieder die Abenteuerlust meldet, welche den gesunden Menschenverstand eines Fahrradfahrers vollkommen überdeckt, stehen wir schließlich vor einem mit unseren Rädern unüberwindbarem kleinen Tal.

Mountainbike 2.0
Hier führt unser vermeintlicher Track uns mitten durchs Unterholz. Eindeutig kein weiterkommen für uns mehr…

Der Weg, der zuvor noch ein Forstweg war, hat sich in ein gerade so zu erahnenden Pfad verwandelt, der sich auf einmal im Wald verläuft. Wir stehen vor der Wahl querfeldein unsere Räder für eine unbestimmte Zeit zu schieben oder die ca. 4 km wieder zurück zur Hauptstraße zu fahren. Schweren Herzens und wieder mit etwas mehr Verstand beseelt entscheiden wir uns für die vernünftige Lösung der Hauptstraße und bereuen diese Entscheidung auch kein bisschen.

Auf dem Rückweg zur Hauptstraße.
Zum Glück hat Vincents Actioncam eine wasser- und schmutzfeste Hülle.

Mit vom Schlamm gekennzeichneten Rädern gleiten wir, glücklich wieder auf glattem Untergrund zu sein, die gesamte Strecke bis zur Stadt Zvornik an der Grenze zu Serbien flussabwärts. Der Fluss, an dem wir zunächst entlang fahren, ist der bisher dreckigste Strom, den wir auf unserer Tour gesehen haben. Anscheinend spült er durch den Regen der letzten Tage, wie wir später erfahren, allenmöglichen Dreck mit runter.

Doch 15 km vor Zvornik mündet der kleinere Fluss in einen größeren Namens Drina, welcher deutlich saubereres Wasser mit sich führt. Ein beeindruckendes Farbspiel ergibt sich an der Mündung, wo sich dreckiges und sauberes Wasser vermischen.

Um kurz nach zwei erreichen wir schießlich Zvornik, wo wir einen Supermarkt aufsuchen um uns fürs Mittagessen einzudecken. Leon kauft ein, während Vincent draußen bei den Rädern wartet. Mit dieser bewährten Methode wechseln wir uns immer mal wieder ab, welches zum einen den Vorteil hat, dass die Räder beaufsichtigt sind und zum anderen müssen wir uns nicht lange absprechen was eingekauft wird. Denn das entscheidet einfach immer der Einkäufer, je nachdem wonach ihm gerade ist. 

Lunchtime in Zvornik, direkt an der serbischen Grenze.

Nach einer gemütlichen Mittagspause in der Sonne wollen wir uns gerade noch in ein Café setzen um dort das Wifi zu nutzen, als wir von zwei Herren an ihren Tisch gewunken werden. Einer der beiden lädt uns in gutem Englisch zu einem Kaffee ein und meint selbstverständlich: „Thatˋs part of our culture, you know“. Wir freuen uns beide über die nette Begegnung und haben ein interessantes Gespräch mit den Beiden. Es stellt sich heraus, dass sie Professoren an der Universität von Sarajewo sind, welche einen Außenstandort für Chemie hier in Zvornik hat. Das liegt daran, wie wir erfahren, dass im Nachbarort die größte Fabrik von Aluminiumoxid Europas steht, von wo aus dieses Material zur Weiterverarbeitung nach ganz Europa exportiert wird. Außerdem bekommen wir einen Eindruck davon, welch einen großen Einfluss Serbien auf seine umliegenden Nachbarstaaten hat und wie viele Serben in Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Kroatien und selbst in Mazedonien leben. Noch viele weitere sehr spannende Dinge erfahren wir von den beiden netten Professoren, bis sie schließlich los müssen.

Die freundlichen Professoren, auch wenn sie auf dem Foto vielleicht nicht so angetan schauen 😀

Wir machen uns auch bald weiter und als wir Zvornik verlassen, ist es schon nach fünf Uhr. So beschließen wir kurz hinter der Grenze zu Serbien nach einem geeigneten Schlafplatz Ausschau zu halten. An der serbischen Grenze werden wir leider wieder von einem strengen Grenzbeamten davon abgehalten, vor dem durchaus dazu einladenden großen Willkommensschild ein Foto zu schießen. Doch davon lassen wir uns nicht die Laune verderben und so finden wir wenig später keine 20 m vom Ufer entfernt einen gemütlichen Schlafplatz inmitten einer grünen Wiese.

Wir breiten die nassen Schlafsäcke in der untergehenden Sonne aus und spannen das Zelt zum trocknen auf, bevor wir anfangen zu kochen. Heute steht Reis mit Gemüse auf dem Speiseplan. Und zum Dessert eine super leckere Schokolade, die Leon vorhin zum halben Preis ergattert hat. Satt und glücklich schon im siebten Land unserer Reise zu sein, legen wir uns wenig später nach Sonnenuntergang in halbnassen Schlafsäcken zur Ruhe.

Vincent beim Blogschreiben in der Dämmerung.
Ohne Worte…

3 Gedanken zu “Sarajevo! Blitz und Donner! #Tag 25 bis 27

  1. Daniel

    Hallo Leon & Vincent
    Schön zu lesen dass ihr Temperatureinbrüche, Erkältungen + Sturz gut überstanden habt & wieder fit auf dem Weg seid 🙂 Habt ihr euch eigentlich schonmal überlegt für mehrere Tage an einem Ort zu bleiben & diese wunderbare Natur etwas ausgiebiger zu genießen – oder seid ihr schon so im Kilometerfressen drin dass das garnicht funktionieren würde (ants in the pants)? Bzw. sitzt euch irgendwie das Ankommen zur ‚Documenta-Deadline‘ im Nacken? Und was ich jetzt auch mal loswerden muss: Neiiiiiiiiiiiiiid 😉 😉 – bei jedem Bild dieser herrlichen Landschaften auf’s Neue (naja, bis auf den Bergpass mit Schnee & Nebel > urks!) … aber dafür bin ich heute mit meinem MTB den Berg ganz gemütlich mit dem Shuttle-Bus hochgeschaukelt & hab‘ mir nur die Kirsche auf dem Eis, nämlich die Abfahrt, gegönnt 😉 😉
    Viele Grüße aus Hessen
    Ride On
    Daniel

    Gefällt 1 Person

    1. Hi Daniel! Freut uns sehr, dass du mit so viel Freude unsere Erlebnisse verfolgst. Wir haben uns angesichts des doch recht strammen Zeitplan vorgenommen neben den Pausentagen in den größeren Städten die wir durchfahren erstmal gut voran zu kommen. Unser Plan ist es dann in Wien, Prag oder Dresden auch mal zwei Tage zu bleiben.
      Oh, um so ein MTB ohne Gepäck sind wir dafür sehr neidisch! Vielleicht kann man sich nach unserer Tour ja mal zu einer gemeinsamen Runde auf dem MTB treffen 😉
      Ganz viele Grüße aus Belgrad

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