Vom Straßenrad zum Mountainbike #Tag 10,11 und 12

Die Pause in Tirana hat uns sehr gut getan und war auch perfekt getimed, denn das Wetter hat eine Kehrtwende von fast zwei Wochen durchgehend Sonnenschein zu dunklen Wolken und Gewitter hingelegt! Im Milingona Hostel haben wir viel Zeit mit Entspannung, Blogpost-Schreiben und Unterhaltungen verbracht…

Montag: Der Versuch auszuschlafen gelingt uns mehr oder weniger gut. Seit wir unterwegs sind, stehen wir zwischen sechs und sieben in der Früh auf, um möglichst viel vom Tag zu haben und so wachen wir aus Gewohnheit nicht viel später auf. Unsere Schmutzwäschetüten sind zum bersten gefüllt, da wir seit Athen nicht ein Mal gewaschen haben… Es wird also höchste Zeit dafür! Während die Klamotten vor sich hin trocknen, sitzen wir in einer der super gemütlichen Sitzecken und schreiben Tagebuch, lesen oder kümmern uns um diverse Dinge, die sonst zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Der Vormittag vergeht jedenfalls wie im Fluge.

Foto?

Mit den Volunteers im Hostel, die für ein paar Wochen gegen Unterkunft und Verpflegung an der Rezeption arbeiten, gehen wir mittags in ein sehr gutes und dennoch günstiges Restaurant, in dem viele Arbeiter aus der Umgebung Essen gehen. Danach schlendern wir ein wenig durch die Stadt, von der wir bis auf ein paar wenige Eindrücke noch nicht viel mitgenommen haben. 

Als wir zurück kommen, gibt es ein lustiges Wiedersehen mit Sarah und Magdalena (hoffentlich richtig geschrieben?). Die beiden sind mit dem Auto durch den Balkan unterwegs und wir haben sie schon im Hostel in Himarë getroffen. Auf dem Weg von Butrint nach Himarë haben sie uns unbemerkterweise außerdem auch noch zweimal überholt. Wie klein die Welt doch ist…

Eine nette Bekanntschaft! Vielleicht sieht man sich in Deutschland 😀

Der Abend gestaltet sich sehr bunt. Leon hat eingekauft und jetzt werden Pancakes gemacht – 1kg Mehl, 1l Milch… zu viel für zwei Personen. Alles übrige wird mit den anderen Hostelgästen geteilt, die alle zusammen gekommen sind. Am nächsten Tag werden zwei der Volunteers weiterreisen, weswegen ordentlich gefeiert wird! Laute Musik, Bier und gutes Essen – der perfekte Abschluss eines freien Tages.

Awesome Guys from Australia! Backpacker-Hostels sind einfach unschlagbar, um nette Leute zu treffen!

Dienstag: Wahnsinn, wie sich alle Sachen schon wieder verteilt haben! Da wir einen Schlafraum mit sechs Betten für uns allein hatten, haben wir uns natürlich ordentlich ausgebreitet! Um heute noch den bisher größten Berg zu schaffen (leider werden die in den nächsten Wochen noch weiter wachsen), versuchen wir früh wegzukommen. Mit Sack und Pack fahren wir noch durch die Stadt, kaufen ein leckeres Frühstück und machen einen Abstecher in eine Buchhandlung, um einen kurzen Satz in das Anne-Frank-Tagebuch zu bekommen – auf albanisch, versteht sich.


Sofort hinter dem Stadtkern beginnt das Gelände zu steigen. Sobald wir die ersten Serpentinen erklommen haben, eröffnet sich uns ein sehr schöner Blick auf die Stadt, die wie in einem Kessel von Bergen umschlossen ist. Unversehens gelangen wir sogar so hoch, dass sich in der Ferne das Meer erahnen lässt! Niemals hätten wir gedacht, so weit über die gegenüberliegenden Berge blicken zu können. 

Bergauf, ein wenig bergab und weiter bergauf kämpfen wir uns auf immer schlechter werdenden Wegen entlang. Vincent als eingefleischter Mountainbiker hat weniger Probleme als Leon, der sonst nur mit einem Rad die Berge rauf und runter fährt. Doch an einigen Passagen bleibt uns beiden nichts anderes übrig, als zu schieben. Das gilt hinauf wie hinunter, denn der Track vom GPS führt uns teilweise singletrailartige Wege (fürs Mountainbike etc geeignet) entlang.

Mit ca. 50 Kilo die Berge rauf und runter… das lässt einen durchaus mal fluchen.
Noch ist der Weg gut befahrbar. Nur die Steigung macht sich bemerkbar.
Eine Art Flussbett ist zu viel zum fahren.. ab hier muss das Rad geschoben werden, was nicht wirklich leichter geht.

Eine unglaublich schöne Landschaft entschädigt unsere Mühen den Berg hinauf. Dennoch sind wir uns ein wenig am sputen, denn für den Abend sind wieder Regen, Blitz und Donner angekündigt. Als wir den höchsten Punkt des Tages erreicht haben, erwartet uns eine unangenehme Abfahrt. Grobe Steine, kleine Wasserrinnsale und schlammiger Sand bilden die Wege. Dazu oft Gefälle von 10% und deutlich mehr. Das haben wir uns definitiv anders vorgestellt. Wir sind froh, am heutigen Tag überhaupt 50 Kilometer geschafft zu haben. Im Gegenzug sind wir 1900 Höhenmeter gefahren, was wir im nachhinein immernoch ziemlich verrückt finden.

Fern von Zuvilisation, bis auf einen einsamen Bauernhof in den Bergen, füllen wir unsere Flaschen an Quellen auf.
Idyllische Natur pur! An vielen Stellen sind jedoch Bunker zu finden. Überbleibsel eines Krieges, der noch nicht lange zurück liegt.

Gegen fünf Uhr entschließen wir uns, den Abstieg für heute zu beenden und schlagen nicht weit eines kleinen Dorfes unser Nachtlager auf. Hin und wieder laufen Leute an uns vorbei ins Tal hinunter, doch niemanden stört es, dass wir hier wildcampen. Ohne einen größeren Ort mit Supermarkt oder Bäcker seit dem nahen Umland von Tirana, sind wir etwas aufgeschmissen, was unser Abendessen angeht. Das Müsli, was wir normalerweise morgens essen, wird jetzt zusammen mit einer Tasse Tee verspeist.

Zum ersten Mal mit allen Seilen gesichert, in Erwartung eines Unwetters, steht unser Zelt auf einer Wiese mit gigantischem Panorama.

Was für ein Timing! Kaum ist der Tee fertig, fängt es an zu regnen. Wir verkrümeln uns ins Zelt und machen es uns mit Musik, leckerem Nachtisch und plätschern auf das Zeltdach so richtig gemütlich. In den folgenden Stunden windet es sehr stark, der Regen wird heftiger und auf jeden Blitz folgt ein schneller Donner… Wir hocken mitten im Gewitter, doch sind gut geschützt und fühlen uns sicher. Ruhiges Schlafen ist uns allerdings nicht vergönnt.

Mitwoch:
Heute morgen braucht uns nichts zu wecken, wir konnten fast die gesamte Nacht beide kaum ein Auge wegen des starken Regens & Gewitters zu machen. Doch dank unseres bisher gut bewährten Zeltes konnten wir im trockenen und warmen Schlafsack dem Naturspektakel lauschen. Doch die Hoffnung, dass sich der Regen bis zum Aufstehen am frühen Morgen verzieht, erlischt leider und so müssen wir im Nieselregen unserer nasses Zelt einpacken. Mit leerem Magen machen wir uns auf den Weg oder besser gesagt eher den Bach hinunter. Denn der Trampelpfad zwischen den idyllisch grünen von Schafen bestens gemähten Wiesen hat sich über die Nacht zu einem kleinen Bergbach entwickelt, der uns das runterfahren erheblich erschwert.



Wenige Minuten später kommen wir im ersten Tal an, wo sich ein reißender Strom entwickelt hat, wo eigentlich mal unser Weg war. Glücklicherweise finden wir ein wenig abseits eine Fußgängerbrücke, welche uns ans andere Ufer bringt. Dort treffen wir auf einen alten Mann, der uns mit viel Zeichensprache und dem albanischen Wort "Kafe" zu einem Kaffee in einer winzigen Bar einlädt. Gestärkt mit diesem kalten sehr süßem Getränk, was dem gewohnten Kaffee in der Farbe ähnelt machen wir uns weiter zum Frühstücksort Klos.






Das ist selbst für Mountainbiker etwas schmal...
Doch obwohl wir zeitig um 7:40 auf die Räder gestiegen sind kommen wir erst über drei Stunden später in Klos an. Für die 20 km brauchen wir eine gefühlte Ewigkeit, da es neben der schlechten Straßen auch noch schlechtere Abschnitte gibt wo geschoben werden muss. Ein kleines dejà-vu an die gestrige Mountainbike-Etappe. Neben dem nicht aufhören wollenden Nieselregen und niedrigen Temperaturen um die 7°C erschwert uns auf der letzten Abfahrt zusätzlich einsetzender Nebel die Sicht. Als wir kurz vor Klos dann endlich wieder auf asphaltierte Straße stoßen, kann Vincent einen Freudenschrei nicht zurückhalten. Endlich mal wieder rollen lassen ohne mit den Finger ständig den Bremshebel maltretieren zu müssen. In Klos plündern wir mit knurrendem Magen den erstbesten Supermarkt den wir finden. Während Vincent einkauft, macht sich Leon auf die Suche nach einer Bäckerei. Als Vincent mit prall gefüllten Taschen aus dem Laden geht, kommt ihm Leon mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht entgegen: "Ich habe zwei Brote, Brötchen und Eis. Das beste dabei, es war alles umsonst!". Leon hatte den deutsche-sprechenden Bäcker zufällig soeben auf der Straße getroffen, welcher ihm prompt mit seinen Köstlichkeiten beglückte. Was für ein unglaublich nette gastfreundliche Geste einmal wieder!
Selbst in den entlegensten Bergregionen findet man schmuckvolle Moscheen.
Nach einem Brunch auf der Supermarkttreppe nehmen wir die letzten 50 km bis nach Debar, unserem heutigen Etappenziel kurz hinter der Grenze zu Mazedonien in Angriff. Die durchgehend asphaltierte Strecke bis zur Grenze heißen wir nach zwei Tagen hardcore Gelände sehr willkommen und kommen gut voran. Am späten Nachmittag kommen wir dann durchnässt aber gespannt, was das neue unbekannte Land uns zu bieten hat an der mazedonischen Grenze an. Auch schon wie an der albanischen Grenze vor einigen Tagen läuft hier alles reibungslos und wir fahren die letzten Kilometer nach Debar. Einer unser ersten Eindrücke des Landes kurz hinter der Grenze ist eine gigantische Müllkippe, welche bis unmittelbar an die Straße reicht. Wir sehen einigen Hunde auf dem Müll rumtrollen und nach noch verwerbarer Biomasse suchen. Doch dieser erste Eindruck mit dem dazu schlechten Wetter soll nur kurze Zeit später durch einen großartige Erfahrung vergessen sein. Wir hatten uns schon am Morgen darauf geeinigt eine bedachte Unterkunft in Debar zu nehmen, um einmal alles wieder trocknen zu können. So machen wir uns angekommen in Debar auf die Suche. Nachdem wir ein paar nicht englisch-sprechende Männer erfolglos nach einem Hotel gefragt haben stoßen wir zufällig auf eine nette Dame, welche uns im gebrochenem Englisch erklärt, sie werde uns ein günstiges Hotel zeigen. Wir sollten einfach nur ihrem Auto folgen. Leichter gesagt als getan, denn kaum sitzt sie im Auto beschleunigt sich so stark, dass sie fast außer Sichtweite gerät. Als wir sie wieder erreichen, fragt sie nur ganz lässig aus dem Fenster: "Are you tired?". Nickend und sich den Rest denkend folgen wir ihr weiter durch die halbe Stadt, bis wir vor einer Tankstelle halten. Erst denken wir, ihr ist dank der sportlichen Fahrweise der Sprit ausgegangen. Doch als sie aussteigt und uns heranwinkt, begreifen wir. Die Tankstelle besitzt ein zweites Obergeschoss, welches über Gästezimmer verfügt. Wir danken der Frau vielmals und als Leon seine letzten Schoko-Ostereier hervorkramt, meint die Frau ob wir nicht hungrig seien. Da wir seit dem Brunch nichts mehr zu uns genommen haben, sind wir es natürlich und die Frau meint, sie würde uns in einer Viertelstunde Essen bringen. Verdutzt von dieser großen Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft beziehen wir unser Zimmer und haben das Glück die einzigen Gäste der Tankstelle zu sein. So können wir unseren gesamten durchnässten Sachen ungehindert ausbreiten und tatsächlich wird uns zu allem Überdruss eine Viertelstunde später warmes Essen gebracht.
Einmal alles trocknen bitte 🙂

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