Gëzuar Pashkët! Ostern in Albanien #Tag 8 und 9

Der zweite Teil der letzten Tage! Wir entschuldigen die fehlenden Bilder beim letzten Blogeintrag, wir hatten zwischenzeitlich Probleme mit der Internetverbindung, da das Netzwerk überlastet war 😉 Die Bilder sollten jetzt für alle sichtbar sein. 

Samstag: Das Himara Hostel ist ein unglaublich schöner Zwischenstop gewesen! Die Nacht in den Hängematten unter Orangenbäumen und dem Blick in einen klaren Sternenhimmel ist mit nichts zu vergleichen.. Das Summen unzähliger Bienen ist an diesem Morgen aus den blühenden Bäumen zu hören, während wir wie üblich vor dem Frühstück alle Sachen zusammen packen. Unser Zelt ist zum Glück in einer trockenen Nacht gut ausgelüftet (da wir es vor zwei Tagen nass einpacken mussten und in Xarrë nicht ausgepackt haben, hat es angefangen, muffig zu riechen).

Ein Schnappschuss von Vincent in der Hängematte früh am Morgen.

Wir haben uns da ungewollt ziemlich viel vorgenommen für den heutigen Tag. Deshalb hauen wir beim Frühstück, das im Preis inbegriffen ist, ordentlich rein. Mit netten Worten zum Abschied von den anderen Hostelgästen, starten wir die erste große Bergetappe unserer Tour. 230 Kilometer sind es noch mindestens bis Tirana, sodass wir uns wenig Hoffnung machen, wie geplant am Ostersonntag dort anzukommen. Mit einer Mischung aus Euphorie und Ernüchterung zugleich radelt es sich die ersten Kilometer mehr oder weniger beschwingt dahin. Als wir dann tatsächlich vor dem Llogara-Berg stehen, sehen wir, dass die Straßenführung, wie sie auf einer Karte zu sehen ist, fast eins zu eins auch mit der frontalen Sicht auf den Berg übereinstimmt.

Während der Berg größer und größer wird, werden wir immer kleiner und kleiner.

Schneekettenpflicht auf der Passstraße, anscheinend kann es hier im Winter auch ordentlich kalt werden.

Immer kleiner fühlt man sich, wenn man die Passstraße empor fährt. Die Aussicht wird dafür immer besser! Ca. anderthalb Stunden brauchen wir für die 900 Höhenmeter (am Fuße des Berges startet man auf ungefähr 130 Metern über NN). Unterwegs fahren viele Autos an uns vorbei mit teils begeisterten, teils ungläubigen Fahrern. Die meisten Hupen uns zum Ansporn zu. Oben angekommen sind wir fast schon enttäuscht, denn es ist nirgendwo ein Passschild zu erkennen.. Wir beobachten noch zwei Gleitschirmflieger, die kurz davor sind zu starten, dann kehren wir den Llugarapass den Rücken zu und beginnen die Abfahrt. 

Die Aussicht von fast ganz oben, zwei Paraglyder machen sich bereit zum Abflug.

Das Gipfelfoto, nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir es endlich bis oben geschafft.

Was für ein erhebendes Gefühl das ist, auf die beschilderte Höchstgeschwindigkeit herunter bremsen zu müssen! Ungefähr 20 Kilometer in einer halben Stunde – wenn das nur immer so wäre… Bis ans Meer schaffen wir es noch, dann schreit alles nach einer Pause und vor allem nach ESSEN! Bei einer Art Dönerbude bestellen wir uns jeweils zwei Dönertaschen, die mit Pommes statt mit Fleisch gefüllt sind.

Satt und zufrieden steigen wir wieder auf die Fahrräder und schauen, wie weit wir noch kommen. Zunächst geht es durch Vlorë, einer sehr mit Hotelburgen zugepflasterten Küstenstadt (gefällt uns gar nicht). Wir halten nur an einer sehr schönen Moschee an, in die wir kurz hineinschauen. Ein paar junge Männer (etwas älter als wir) begutachten interessiert unsere Ausrüstung und wir kommen mit ihnen ins Gespräch – unter anderem mal wieder über Fußball..

Ein bisschen Träge aber noch mit Reserven setzen wir die Etappe fort. Ziemlich flach geht es mit dem Wind im Rücken erstaunlich gut voran, sodass wir in die Region um Fier kommen. Wir sind tatsächlich noch über 100 Kilometer gefahren! Ausgelaugt suchen wir in der dicht besiedelten Gegend nach einem Campingplatz oder ähnlichem, denn zum Wildcampen sind hier zu viele Leute. Nachdem wir vergeblich bei einem Wildpark mit kleinen mietbaren Hütten im Wald vorbei gefahren sind, fällt uns eine der vielen Bauruinen auf, deren trostloses Betonskelett am Straßenrand steht. Die Wiese dahinter sieht sehr einladend aus, doch ein Trampelpfad führt hinauf zu ein paar bewohnten Häusern, weshalb wir beschließen, dem nie fertiggestellten Haus einen Sinn zu geben, und für diese Nacht dort zu nächtigen.

Die Luxusvilla für eine Nacht: Entlang einer ehemaligen Hauptverkehrsroute, die durch eine Autobahn in der Nähe abgelöst wurde, stehen, wie auch überall sonst in Albanien, leer stehende, nie fertiggestellte Häuser.

Zwischen Bauschutt, Brombeerranken und herumliegenden Ziegelsteinen schlagen wir unser Lager auf – dank einem Dach über dem Kopf brauchen wir die zweite Nacht in Folge nichtmal ins Zelt zu steigen. Aus den Ziegelsteinen bauen wir uns einen kleinen Tisch und kochen Nudeln mit Pesto, ein schnelles, bewährtes Essen, denn zu mehr sind wir nicht mehr fähig. Auf die Partybeleuchtung aus unseren Little-Sun-Solarplatten verzichten wir dann doch, da in Sichtweite noch andere Häuser stehen.

So wohnlich kann man sich eine Bauruine in nur einer Nacht einrichten 😀


Sonntag: Wie sonst auch wachen wir auf und fallen in unseren normalen Morgenrhytmus: Aufstehen, zusammenpacken, Fahrräder beladen. Als wir die Räder aus dem Haus schieben bemerkt Vincent: „Jo Leon, es ist Ostern!“. Nicht zu fassen, dass wir das vergessen konnten. In Albanien und insgesamt auf der Fahrradtour verfliegt die Zeit dermaßen schnell und es kommt noch dazu, dass die Geschäfte die ganze Woche geöffnet zu sein scheinen. Für einen großen Teil der Albaner ist heute auch ein ganz normaler Tag. Wir feiern diesen Tag allerdings mit den mitgebrachten Ostereiern aus Deutschland, die Leon den ganzen Weg dabei hatte. Wir fahren nach Fier hinein und packen ein großzügiges Osterfrühstück aus.

Frohe Ostern!

In Fier läuten alle paar Minuten die Glocken einer nahe gelegenen Kirche und wir sehen einige sehr schick angezogene Leute auf der Straße vorbei laufen. Ansonsten scheint alles sehr normal zu sein. Alles eingepacken und weiter gehts in Richtung Norden. Zum Glück ist die heutige Strecke nicht mehr so bergig, sodass wir vor der Mittagspause sehr gut voran kommen, obwohl uns die meiste Zeit ein leichter Gegenwind entgegenpustet. In Kavaje haben wir ordentlich Kilometer hinter uns gelassen, sodass wir entspannt eine Pause einlegen. Die Banner, die über der Straße aufgespannt sind, verkünden ‚Gëzuar Pashkët‘ – Frohe Ostern! Auf dem Weg sind uns ein paar Trommler und kleinere Ensembles begegnet, die fröhliche und laute Musik spielen. Es wird auf eine ganz andere Art das Osterfest gefeiert.

Ein Banner über der Straße wünscht frohe Ostern auf albanisch.

Noch gut 50 Kilometer trennen uns jetzt von Tirana. Das ist auf jeden Fall machbar. Unsere Beine sind von den Strapazen etwas müde, doch wir haben uns für den morgigen Tag vorgenommen, richtig zu entspannen und Energie zu tanken. Also heißt es: ab aufs Rad und weiter gehts. Kurz vor der Küstenstadt Durrës biegen wir von der Küste ins Landesinnere ab, wo uns ein heftiger landschaftlicher Wandel erwarten wird. Hier heißt es nun etwas wehmütig Abschied nehmen vom Meer und vom milden Frühlingsklima, das uns die letzten neun Tage durchweg begleitet hat. Ordentlich steil fahren wir einen Hügel hinauf, von wo uns noch ein letzter Blick auf das Meer vergönnt ist.

Der Abschied vom Meer und zugleich die erste Schiebepassage auf unserer Tour.

Kaum zu glauben, dass wir auf unserer Tour nicht ein einziges mal mehr an ein Meer fahren werden. Dafür freuen wir uns auf die bergige Landschaft des Balkans, die uns mit Sicherheit auf die Probe stellen wird.

Auf Straßen, die abwechselnd aus Schotter, Schotter mit viel Sand, Schotter mit großen Schlaglöchern und schließlich wieder aus Asphalt bestehen, fahren wir nach Tirana hinein, vor den Augen eine gewaltige, wolkenverhangene Bergkette. Man hat uns davor gewarnt, in der Rushhour in die Stadt hinein zu fahren, da dann alle fahren, wie sie es für richtig halten. Zum Glück geht es für uns verkehrstechnisch sehr entspannt zu, sodass wir uns einzig und allein auf die Suche nach dem Hostel konzentrieren können, was sich als äußerst schwierig herausstellt. Wir fragen uns durch und erfahren, dass der Flyer, den wir aus Himarë mitgenommen haben veraltet ist. Das Hostel ist umgezogen, sodass wir eine geschlagene Stunde brauchen, bis wir unser Ziel erreicht haben, zuletzt mit der Hilfe eines sehr eifrigen Mannes, der uns auf seinem Rad unbedingt den Weg zeigen möchte. Wieder einmal zeigt sich hier die unglaubliche Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, die uns schon zuvor in Albanien begegnet ist. Zum Abschied bekommt er ein Osterei geschenkt, das jeder heute bekommen hat, mit dem wir in Kontakt gekommen sind.

Der Innenhof und der Ausblick vom Hostel, sehr zentral in der Innenstadt gelegen.

Ein bunter Haufen der üblichen Backpackers aus aller Welt begrüßt uns im Hostel (Milingona Hostel) und wir bekommen ein sehr schönes Zimmer, in dem wir uns nach Lust und Laune ausbreiten können. Nachdem wir uns eine Weile mit verschiedenen Leuten unterhalten haben, geduscht und erfrischt sind, gehen wir ein paar Straßen weiter in ein kleines traditionelles Lokal. Sehr leckeres und günstiges Essen! 
Zurück im Hostel quatschen wir uns noch ein bisschen fest, was uns angesichts der genialen Geschichten, die wir zu hören bekommen, nicht Leid tut. Danach bleibt uns aber nicht mehr viel, als hundemüde ins Bett zu kippen. Es hat angefangen heftig zu Gewittern und die Nacht hindurch ist immer wieder der Regen zu hören…

2 Gedanken zu “Gëzuar Pashkët! Ostern in Albanien #Tag 8 und 9

  1. Daniel

    Jeder Tag ein neues Abenteuer
    … begleitet von herrlicher Landschaft, freundlichen & aufgeschlossenen Menschen, Wohlfühltemparaturen deluxe (in Hessen hat es heute wie gestern partiell geschneit
    & um die 3-4°C), schnurrenden Rädern & garniert mit landeseigenem Soulfood +
    der ein oder anderen Skurrilität … so lässt es sich leben/reisen/radeln 🙂

    Ride on 🙂 > Daniel

    P.S.: Wechselt ihr euch beim Schreiben ab?

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    1. Hallo Daniel, klingt ja sehr idyllisch in Deutschland.. wir bewegen uns leider auch immer weiter in diese Richtung. Wir haben jetzt die ersten größeren Berge hinter uns und es ist mächtig abgekühlt.. so um die 7 Grad hats gerade noch.
      Klar wechseln wir uns ab. Es schreibt immer der, der Zeit oder Lust hat, aber es ist sehr ausgeglichen.
      Viele Grüße aus dem verregneten Debar in Mazedonien!
      Vincent und Leon

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