Hier melden wir uns endlich mal wieder. Es ist viel passiert, seit wir Griechenland verlassen haben. Deshalb schreiben wir zu den letzten vier Tagen zwei Einträge… hier nun Teil 1.
Donnerstag:
Es ist Donnerstag Morgen, wir kriechen aus unserem Zelt, inmitten eines in Brach liegenden Maisfelds, nach einer erstaunlich bequemen Nacht auf einem harten, ausgetrockneten Boden. Wir packen unsere sieben Sachen, nun schon deutlich routinierter und schneller als noch vor ein paar Tagen und machen uns auf den Weg.
Nach ein paar Kilometern den Berg hoch sind wir beide schon so hungrig, dass wir uns den nächstbesten Parkplatz zum Frühstück suchen, dort liegt ein alter Kühlschrank welchen wir dankend als Tisch und Sitzgelegenheit umfunktionieren.
Gestärkt für die letzte Etappe in Griechenland und beschwingt von der Aussicht, heute noch in Albanien zu sein, fahren wir durch eine schöne, hügelige Landschaft bei wieder bestem Wetter, Sonnenschein und Mittags knapp 30° C.


Bei der Abfahrt nach Igoumenitsa haben wir einen traumhaften Ausblick bis auf die Insel Korfu. Griechenland zeigt sich nochmal von seiner sommerlichen Seite und wir sind erstaunt, als wir in Igoumenitsa auf Menschenmassen stoßen. Von hier aus starten viele mit der Fähre nach Korfu, doch angesichts der letzten weniger touristischen Tage sind wir doch etwas überrascht. Anscheinend ist Korfu ein nach wie vor sehr beliebtes Reiseziel, auch schon im April.
Nach einer ausgiebigen Pause machen wir uns weiter durch viel bewirtschaftete Felder voll mit Orangen-, Zitronen- und Olivenbäumen. Unterwegs treffen wir auf eine noch lebende Schlange am Rande der Fahrbahn, werden kurz darauf aber leider Zeuge davon, wie ein vorbeifahrender LKW sie gnadenlos überrollt. Nun gehört sie zu einem der vielen Kadaver, die wir immer wieder am Straßenrand sehen.
Kurz vor dem letzten kleinen Anstieg zur albanischen Grenze, fahren wir noch durch einen friedvolles, kleines Naturreservat. Ein schöner Abschluss des ersten unserer 14 Länder.

Es ist es soweit! Am späten Nachmittag, die Landschaft ist in ein warmes Licht der tief stehenden Sonne getaucht, überqueren wir zunächst die griechische Grenze und ein paar hundert Meter weiter reisen wir in Albanien ein. Mit unseren gültigen Reisepässen geht es alles schneller als gedacht und an der albanischen Grenze werden wir sogar an der kleinen Autoschlange vorbei gewunken.

Beflügelt von dem Gedanken ein uns beiden fremdes Land zu befahren und voller Glücksgefühle im Bauch radeln wir noch eine Weile durch die sanft hügelige Landschaft. Wir grüßen die Menschen am Wegesrand wie gewohnt und auf einmal meint Leon: “ Irgendwie kommen mir die Leute hier offener vor“. Dieser erste Eindruck sollte sich wenig später mehr als bestätigen…
Langsam werden wir müde und fangen an, uns nach einem geeigneten Schlafplatz umzuschauen. Wir finden eine geeignete Wiese direkt neben einem Wohnhaus und fragen die davor stehenden Leute, ob es für sie okay sei, wenn wir hier unser Zelt aufschlagen.

Leider sprechen die älteren Herrschaften kaum Englisch und sie geben uns zu verstehen, auf einen englisch-sprechenden Jungen zu warten, der gleich kommen sollte. So warten wir und fragen uns, ob sie uns zu sich ins Haus einladen wollen. Noch am Tag zuvor hatte Vincent auf einem Blog anderer Radreisenden gelesen, dass es ihnen nicht gelungen sei zu wildcampen, da sie mehrmals zu unbekannten Leuten eingeladen wurden.
Wenig später kommt Denardo, der Enkel der Leute vor dem Haus wie sich später herausstellt und lädt uns auf Anweisung seines Opas erstmal ins Haus ein zu Saft und Bonbons. Wir sind erstaunt von Denardos geradezu perfektem Englisch und er erklärt uns stolz, dass er der beste Schüler in seiner Klasse sei. Und nicht nur das, wie sich später bei einem gemeinsamen Dorfrundgang herausstellt, er ist auch offensichtlich einer der besten englisch-sprechenden Bewohner des 2000-Einwohner Dorfes Xarrë. Nach dem ersten Austausch über unsere Reise und das Leben in Albanien werden wir wie selbstverständlich dazu eingeladen, im Zimmer von Denardo und seiner Schwester zu schlafen. Völlig überwältigt von dieser außerordentlichen Gastfreundschaft nehmen wir das Angebot dankend an und haben einen unvergesslichen ersten Abend in Albanien.

Karfreitag:
Als wir am nächsten Morgen in weichen Bett von der Sonne geweckt werden, wird uns erst richtig klar was uns gestern widerfahren ist. Nach einem Frühstück mit Denardo müssen wir dann aber auch leider weiter und Denardo muss zur Schule (an Karfreitag wohl bemerkt!). Wir hatten uns zuvor mit einer Sonderration Essen eingedeckt, um sicher zu gehen, dass wir am Osterwochenende nicht vor geschlossenen Läden stehen. Doch diese Befürchtung entpuppt sich als völlig unbegründet, wahrscheinlich auch weil Albanien über 50% muslimisch ist.

Nach den ersten Kilometern des Tages kommen wir an der kleinen Fähre über den Vivar-Kanal an, welche doch eher Floßkarakter aufweist. Mit zwei Stahlseilen werden wir zusammen mit einem Auto über den Fluss gezogen, eine witzige Erfahrung.
Auf der anderen Seite des Kanals wartet die Ausgrabungsstätte des historisch bedeutenden Ortes Butrint auf uns, welcher wir einen Besuch abstatten. Ein wirklich beeindruckendes Denkmal der Besiedlung dieser Halbinsel, welche man sich in Albanien nicht entgehen lassen sollte.
Der Vormittag in Butrint vergeht schneller als gedacht und so machen wir uns im späten Vormittag dann los am Meer entlang Richtung Norden. Die Sonne brennt wieder ordentlich und so kommen wir gut ins schwitzen, als die ersten kleinen Berge die Straße an der Küste säumen.

Angekommen auf dem ersten Berg geht es runter und anschließend wieder hoch. So schlängelt sich die Küstenstrasse am Meer entlang und unsere Beine werden schwerer…

In den Orten, die wir durchqueren, fallen uns immer wieder die vielen nicht fertig gebauten Häuser auf, welche zwischen bewohnten Wohnhäusern stehen. Diese Bauruinen scheinen hier keinen großartig zu stören, sie verwildern gröstenteils einfach. Es bleibt allerdings die Frage, wie es passieren kann, dass so viele Häuser einfach nicht fertig gebaut werden. Finanzielle Misskalkulation oder vielleicht auch bedingt durch Landflucht? Wir wissen es nicht, jedoch ist es sicherlich auch ein Zeichen für den ansteigenden Tourismus in Albanien, welcher so manch einen Investor wohlmöglich zu zu viel Optimismus treibt.

Weiter fahren wir entlang der Küste, bis uns der Track auf Leons GPS von der schönen Küstenstraße auf eine Schotterpiste mitten in die Berge führen will. Angesichts der vielen Höhenmeter, die wir heute schon gefahren sind, entscheiden wir uns spontan für eine kleine Routenänderung, welches ungeahnte Folgen für den weiteren Streckenverlauf des folgenden Tages hat. Doch dies wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht und sind froh, eine scheinbar weniger bergige, asphaltierte Straße direkt am Meer entlang zu fahren.


Wir entschließen uns, auf den Tipp eines Reisenden, den wir Vormittags in Butrint getroffen haben, zu hören und fahren nach Himarë (Himara). In diesem schön gelegenen Ort finden wir das Himara Hostel, welches der Inbegriff eines gemütlichen Backpacker Hostels ist. Hier treffen wir auf 2 Paare und zwei Freundinnen, alle deutsch. Wir haben einen entspannten Abend, den wir auch gut gebrauchen können. Denn wie wir beim Abendessen mit einem der Paare erfahren, müssen wir aufgrund unserer Streckenabweichung am nächsten Tag einen Pass (Llogara Pass) überqueren, welcher auf 1000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Einerseits etwas verunsichert von dieser Hiobsbotschaft, aber anderseits auch dankbar es nicht erst am nächsten Tag vor Ort feststellen zu müssen, gehen wir müde und glücklich zu Bett.